Grundlagen und Grenzen der möglichen Erweiterung. 99
geöffnete Strahlenbüschel oder die eines grösseren Objektes durch relativ
enge Büschel vermittelt.
Es mag aber gleich hier bemerkt werden, dass wir auch bei den nach dieser
Richtung hinzielenden Bestrebungen auf Grenzen stossen, die unüberschreitbar
sind. Je weiter wir versuchen, in der einen Richtung die Beschränkungen der
Abbildung zurückzuschieben, um so enger sind sie dann stets in anderen
Richtungen. Je weiter die Oeffnung der abbildenden Büschel sein soll, desto
enger wird, nach der Seite und in der Tiefe, das Gebiet des gleich vollkommen
abbildbaren Raumes, desto mehr ist die Abbildung beschränkt auf singuläre
Stellen des Raumes und umgekehrt Die Bemühungen der Theorie und Praxis
können dahin gehen, sich diesen durch die Natur der Brechung und der Kugel-
flächen gesetzten Grenzen möglichst zu nähern, aber es ist — das kann mit
Sicherheit ausgesprochen werden — auch theoretisch unmöglich, mit den Mitteln
der Dioptrik Abbildungen herzustellen, welche von jener idealen Vollkommenheit
sind, die wir in unseren Berachtungen über die allgemeine collineare Abbildung
voraussetzten — Abbildungen eines beliebig grossen Raumes durch beliebig
weite Büschel. Es sei denn, dass wir, auf jeden eigentlichen optischen Effekt
verzichtend, uns mit einer blossen Umlagerung des Bildraumes gegen den
Objektraum begnügen, ohne jede weitere Veränderung desselben. Diesen letzteren
Effekt liefert uns, wie wir früher sahen, die Spiegelung an Ebenen, ohne Ein-
schränkungen irgend welcher Art.
Die Erweiterung der Abbildung kann, wie schon bemerkt, nach zwei Rich-
tungen hin geschehen: erstens dahin, dass die Oeffnung der abbildenden
Büschel eine möglichst weite wird; zweitens dahin, dass möglichst grosse
Objekte abgebildet werden. Die erstere Aufgabe kommt ersichtlich darauf
hinaus, die von ein- und demselben Punkte ausgehenden, innerhalb eines end-
lichen Raumwinkels liegenden centralen und schiefen Elementarbüschel durch
geeignet angeordnete Spiegelungen oder Brechungen so zu modificiren, dass sie
sämmtlich zuletzt wieder nach demselben (Bild-) Punkte convergiren. Bei der
letzteren wird es sich zunächst nur darum handeln, in den einzelnen relativ
engen Büscheln, die von verschiedenen Punkten eines Objekts ausgehen,
wenigstens den Astigmatismus aufzuheben, um überhaupt eine eindeutige scharfe
Abbildung mittels räumlicher Büschel zu erhalten. Diesen Anforderungen
werden wir jedoch alsbald noch weitere nothwendig zu erfüllende beigesellen
müssen.
Wir wenden uns der nüheren Betrachtung dieser beiden Aufgaben zu. Um
ihre Lósbarkeit zu übersehen müssen wir, namentlich den erstgenannten Punkt
noch genauer studiren, als wir es bei der früheren Gelegenheit gethan haben;
nämlich die im Allgemeinen mangelnde Homocentricitát der von einem axialen
Punkte innerhalb eines endlichen Winkelraums ausgegangenen Strahlen nach
der Spiegelung oder Brechung an centrirten Kugelflächen, den sogen. »Kugel-
gestaltfehler« oder die
Sphárische Aberration für Axenpunkte.
Wir haben früher gesehen, wie der Weg eines Strahls analytisch bei der
Brechung an einer Kugelfláehe zu bestimmen ist. Wir fanden (pag. 69) zwischen
den Abstünden s, s' des Objekt- und Bildpunkts vom Scheitel S der brechenden
Fläche und denen vom Einfallspunkt P, ? und ?' die Beziehung
g*
144 00 E» —
Eum