Geschichte der Spectralanalyse. 391
Ganz besondere Verdienste erwarb sich FRAUNHOFER dadurch, dass er die
Beugungsgitter erfand und mit ihrer Hilfe genaue Bestimmungen der Wellenlänge
einzelner Farben ausführte.
In der folgenden Zeit beginnen die Emissionsspectra verschiedener Sub-
stanzen das Interesse der Forscher zu erregen. HERSCHEL), WHEATSTONE ?),
'TALBOT?) kamen der Thatsache, dass jedes Element sein besonderes Spectrum
emittirt, mehr oder weniger nahe, scheiterten jedoch stets wieder an scheinbaren
Widersprüchen. So sagt HERSCHEL, dass die Färbung einer Flamme brauchbar
sei, um kleine Mengen von Substanzen zu erkennen; TALBOT sagt, dass man
Lithium und Strontium leicht in der Flamme unterscheiden kônne, WHEATSTONE
findet, dass bei Funken von Metallen bestimmte Linien auftreten, welche für die
Elektroden charakteristisch sind. Andrerseits findet TALBOT tberall die Natrium-
linien, die er zuletzt dem Krystallwasser zuzuschreiben geneigt ist, und WHEAT-
STONE findet ganz andere Spectren, wenn er die Metalle im Knallgasgebläse ver-
dampft, so dass schliesslich keinerlei Aufklärung gewonnen wir
In den folgenden Jahrzehnten beschäftigte man sich mehr mit der Absorp-
tion des Lichtes und der Erklärung des Ursprungs der FRAUNHOFER’schen Linien.
Namentlich BREwsTER® regte diese Untersuchungen an, indem er die Absorption
durch farbige Substanzen und Dämpfe studirte. HERSCHEL schrieb die FRAUN-
HOFER’schen Linien der Absorption der Sonnenatmosphäre zu, FORBES®) sprach
sogar direkt aus, dass die allerdings irrthümlich von ihm angenommene Coinci-
denz einzelner FRAuNHOFER'scher Linien mit Absorptionslinien der salpetrigen
Säure die Anwesenheit dieser Substanz in der Sonne beweise; als aber bei einer
Sonnenfinsterniss 1836 die Linien vom Rande der Sonne nicht dunkler gegeben
wurden als von der Mitte, verwarf man wieder die richtige Erklärung, und hielt
die dunklen Linien einfach für Zwischenráume zwischen hellen Emissionslinien.
BREWSTER hatte für einige FRAuNHOFER'sche Linien sicher irdischen Ursprung
nachgewiesen und beschloss nun eine genaue Zeichnung des Sonnenspectrums
herzustellen, welche er dann mit mehr als 3000 Linien 1860 publicirte9). Er
zog hier den Schluss, dass alle Linien der irdischen Atmospháre entstammten,
ohne dies jedoch experimentell nachweisen zu kónnen. Inzwischen war eine
wichtige Beobachtung von FOUCAULT”) gemacht worden, freilich ohne dass er
ihre Bedeutung, welche erst spáter nach Aufstellung des KincuHorr'schen Satzes
hervorgehoben wurde, verstanden hätte; er fand, dass die Natriumlinien genau
mit den D-Linien der Sonne coincidiren, dass man die dunklen Linien künstlich
erzeugen könne, wenn man weisses Licht durch glühenden Natriumdampf hin-
durchgehen lasse. — Auch die Untersuchung der Emissionsspectra wurde wieder
aufgenommen; MassoN?) untersuchte die Funkenspectra, ebenso ANGSTROM ?),
! HERSCHEL, Trans. Edinb. Roy. Soc. Vol. 9. 1823; Pocc. Ann. 16. 1829; On the theory
of light. London 1828.
?) WHEATSTONE, Phil. Mag. (3) 7. 1835.
3) TALBOT, Edinb. Journ. of Sc. 5. 1826; Phil. Mag. (3) 4. 1834; Phil. Mag. (3) 7. 1835;
Phil. Mag. (3) 9. 1836.
^ BREWSTER, Phil Mag. (3) 2. 1833; Trans. Edinb. Roy. Soc. 12. 1834.
3) FoRBES, Phil. Trans. 1836. IL
6) BREWSTER und GLADSTONE, Phil. Trans. 150. 1860.
7) FoucAULT, L'Institut 1849, pag. 45.
$) MassoN, Ann. de chim. (3) 31. 1851.
9) ANGSTROM, Abh. d. Stockh. Akad. 1852; PoGG. Ann. 94. 1855.
~~