Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band, 1. Abtheilung)

     
     
   
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
   
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
     
    
   
    
  
    
Spectralapparate mit Prismen, 
wird. Daneben haben wir aber noch eine völlig davon verschiedene Wirkung 
der Elektrizität selbst anzunehmen. Dass diese existirt, ist zuerst von E. WIEDE- 
MANN!) nachgewiesen, welcher zeigte, dass in GEISSLER'schen Röhren die Gase 
bei ganz niedriger Temperatur leuchten kónnen; HassELBERG?) bestätigte dies. 
Worin aber die Wirkung besteht, wissen wir nicht; vielfach wird eine elektro- 
lytische Dissociation der Molekeln und eine stürmische Bewegung der Atome 
angenommen. Von verschiedenen Seiten (z. B. LivERNG und DEwAR, AMES) ist 
daher die Vermuthung ausgesprochen, dass der Inductionsfunke uns nicht das 
reine Spectrum der Substanz zeige, dass die Atome nicht nur die ihnen eigenen 
Schwingungen ausführen, sondern auch noch andere, erzwungene. Thatsache 
ist, dass die Funkenspectra im Allgemeinen viel complicirter sind, viel mehr 
Linien enthalten, als die Flammenspectra, und zwar gerade solche Linien, welche 
sich dem bisher erkannten gesetzmässigen Bau der Spectren nicht fügen. — Dass 
die Temperatur im Inductionsfunken sehr hoch werden kann, zeigte WIEDEMANN, 
welcher in GErsstLER'schen Róhren auf calorimetrischem Wege 87000? nachwies. 
Die Herstellung der Gasspectra gehört zur schwierigsten Aufgabe der 
Spectroskopie. In den GEIssLER’schen Röhren zeigen sich immer Linien, welche 
nicht dem zu untersuchenden Gase angehören, trotz aller Sorgfalt der Herstellung. 
Lässt man ein GEISSLER’sches Rohr eine Zeit lang liegen, so zeigt es sehr häufig 
ein ganz anderes Spectrum als vorher. Diese Erscheinungen erklären sich durch 
Adsorption an den Glaswänden und Absorption in den Elektroden. Zweckmässige 
Vorschriften zur Füllung von Röhren giebt ConNu und DESLANDRES?). 
b) Spectralapparate mit Prismen. 
Wenn ein homocentrisches Bündel weissen Lichtes auf ein Prisma fällt und 
gebrochen wird, so wird es in seine Farben zerlegt, und das Licht jeder Wellen- 
länge bildet ein je nach der Farbe mehr oder weniger stark abgelenktes Strahlen- 
bündel. Jedes dieser Bündel ist nach der Brechung noch homocentrisch, wenn 
es das Prisma unter dem Minimum der Ablenkung passirt hat, und nur dann 
liegen die virtuellen Centren aller Bündel in gleicher Entfernung vom Prisma. 
— Setzen wir hinter das Prisma eine achromatische Linse, so wird jedes Bündel 
in einem Punkte vereinigt, wir erhalten ein Spectrum, in welchem die verschiedenen 
Farben neben einander liegen; um es vergrössert zu betrachten, benutzen wir 
eine Lupe, die mit der achromatischen Linse zu einem Fernrohre vereinigt wird. 
An ein solches Spectrum werden nun die Antorderungen gestellt, dass es 
1) möglichst lichtstark sein soll, 2) dass es möglichst scharf sei, d. h. dass noch 
Strahlen in ihm getrennt sind, die möglichst kleine Unterschiede der Wellen- 
länge haben. 
Die Helligkeit eines continuirlichen Spectrums ist in erster Linie abhängig 
von der Dispersion, der Länge des Spectrums, und zwar ist es dieser umgekehrt 
‚proportional. Beim Linienspectrum ist dies weniger der Fall; die Helligkeit einer 
co feinen Linie, welche einer einzigen Wellenlänge entspricht, wäre sogar ganz 
unabhängig von der Dispersion. In Wahrheit haben aber die Spectrallinien 
kaum absolut monochromatisches Licht, um so weniger, je mehr sie verbreitert 
sind, und in dem Fall gilt für sie das Gleiche, wie für continuirliche Spectra; 
aus diesem Grunde ist grosse Dispersion für unscharfe Linien, z. B. bei Beob- 
achtung der Absorptionsspectren, sehr ungünstig. 
1) E, WIEDEMANN, WIED. Ann. 6. 1879. 
?) HASSELBERG, Mém. de l'ac. de St. Pétersb. (7) 27. 1879. 
3) CORNU, d'Almeida Journ. de Physique(2) 5. 1886; DESLANDRES, Ann. de Chim. (6) 15. 1888. 
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