Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
   
  
   
  
   
  
  
   
   
  
   
  
   
  
  
   
   
  
  
   
   
   
  
   
   
  
   
   
   
    
  
  
    
   
  
  
  
  
   
  
   
  
  
   
   
   
  
  
Interferenzerscheinungen dünner Bláttchen; NEwTON'sche Ringe. 551 
Streifen entstehen. Bei den Ringen der zunächst benachbarten Ordnungen wird 
merklich das Gleiche stattfinden, sie werden weisse Streifen bilden, die von dem 
ersten durch schwarze Zwischenräume getrennt sind. Je weiter nach aussen, um 
so mehr werden die Streifen wieder gefärbt erscheinen, denn die Ringe höherer 
Ordnung sind breiter und die Verschiebung der violetten Ringe ist nicht mehr 
so viel grösser als die der rothen, dass sie dieselben erreichten, wir werden also 
aussen roth, innen blau gefärbte Streifen haben. Dagegen ist es bei den weiter 
innen gelegenen Ringen umgekehrt, die violetten und blauen Ringe werden über 
die rothen, sie schneidend, hinaus verschoben, so dass der innere Saum der 
Streifen jetzt roth, der äussere blau erscheint. Bei weiterem Fortschreiten nach 
innen fallen bei passender Entfernung des Prismas von den Gläsern wieder die 
Farben verschiedener Ordnungen über einander, so dass die Ringe in der Mittel- 
linie sich verwischen und ein gleichfórmig weisses Feld entsteht; um die Durch- 
schnittspunkte herum bleiben sie jedoch scharf, jeder Ring giebt also zu zwei 
getrennten seitlich von der Mitte gelegenen Streifen Veranlassung, deren Enden 
eine verschiedene Farbenfolge zeigen, indem die einander zugekehrten innen 
roth und aussen blau, die abgewandten dagegen innen blau und aussen roth ge- 
färbt sind. 
Hatte so NEwroN durch eine gut geleitete Experimental-Untersuchung die 
Kenntniss dieser Erscheinungen mehr gefórdert als irgend jemand vor ihm, so 
blieb er doch in ihrer Erklärung um einen wesentlichen Schritt hinter R. HookEÉ 
zurück. Dieser hatte, wie wir gesehen haben, richtig erkannt, dass zur Ent- 
stehung derselben ein Zusammenwirken des an der Vorderfläche und des an der 
Hinterfläche reflektirten Lichtes erforderlich sei. NEwTON dagegen, der die Vor- 
stellung, dass dies Licht nur in Schwingungen des Aethers bestehe, verwarf!), 
hauptsächlich, weil er sie im Widerspruch mit der geradlinigen Fortpflanzung der 
Lichtstrahlen glaubte, die sich dann in den Schatten hinein verbreiten müssten, 
wie die Schallschwingungen und Wasserwellen um Hindernisse herumgehen (von 
der Lichtbeugung glaubte er, dass sie nur vom Schatten weg stattfinde), wurde 
durch seine Annahme materieller Lichtkörperchen fast mit Nothwendigkeit zu 
der Anschauung geführt, dass diese an bestimmten Stellen der zweiten Fläche 
der dünnen Schicht, nämlich da, wo im reflektirten Licht die dunklen Ringe 
erscheinen, durchgelassen, an anderen dagegen, wo man die hellen Ringe sieht, 
zurückgeworfen würden. Um dies zu erklären, musste er annehmen, dass die 
Lichttheilchen in zwei verschiedenen Zuständen sich befinden könnten; die er 
Anwandlungen (ifs, accessus, vices) nannte, in deren einem sie beim Auftreffen 
auf die Trennungsflàche zweier Mittel leichter durchgelassen in dem andern 
leichter zurückgeworfen würden. Die Erscheinungen forderten weiter, dass diese 
Anwandlungen regelmässig in gleichen Zwischenriumen bei denselben Licht- 
theilchen wiederkehren, dass sie aber von verschiedener Länge sind bei ver- 
schiedenartigen Theilchen und zwar so, dass sie sich bei den Theilchen der 
verschiedenen Farben zu einander verhalten wie die Dicken der Schichten, 
welche Ringe gleicher Ordnung darin erzeugen. Bei dem Uebergang in andere 
Mittel muss eine Aenderung der Länge der Anwandlungen angenommen werden, 
die nicht nur von der Natur des Mittels, sondern auch von dem Brechungs- 
winkel abhängt, nämlich: wenn Strahlen derselben Art senkrecht in verschiedene 
Mittel eintreten, so verhalten sich die Längen der Anwandlungen in einem Mittel 
zu denen in einem zweiten, wie der Sinus des Einfallswinkels zum Sinus des 
1) S. Optice, Quaest. 28,
	        
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