Erkennung schwacher Doppelbrechung.
d. h. die Combination der beiden Platten wirkt so, als ob X gar nicht vor-
handen wire. Aus der Formel (56) ergiebt sich ebenso direkt, dass, falls A,’
parallel oder senkrecht zu 4 liegt (+ = y, 5 + 1). die Combination so wirkt,
als ob die Platte X’ nicht vorhanden wäre. Da man die Reihenfolge der Platten
K und X’ beliebig vertauschen kann, so folgt allgemein, dass eine Platte nicht
wirkt, falls eine ihrer Polarisationsebenen mit der des Polarisators oder Analysators |
zusammen fällt. Mi
Je nachdem die Polarisationsebenen der beiden schnelleren Wellen zusammen-
fallen, (¢' = 9), oder aufeinander senkrecht stehen (+ = r + e) ist
J? = a? [cos?y — sin2g sin2(p — y) sin? 4 (à + &')), (57)
resp.
J? = a? [cos* y — sine sin2(o — y) sin? 4(8 — 8); (57!)
die Combination wirkt also im ersten Falle wie eine einzige Platte von ver-
grôsserter, im zweiten Falle wie eine einzige von geringerer Dicke, als die einer
einzigen Platte beträgt. Hierauf kann man ein Verfahren gründen, um à an einer
Platte X mit Hilfe einer keilfórmigen Platte K' zu ermitteln, von welcher man 9' an
jeder Stelle kennt. Man hat zu dem Zweck nur nóthig, diese Platte mit zu der
ersten Platte A gekreuzten Polarisationsebenen so lange auf A zu verschieben,
dass das Gesichtsfeld bei gekreuzten Nicols schwarz und ungefürbt erscheint. Die
zu messende Grosse 9 ist dann gleich der an der Stelle des schwarzcn Streifens
auftretenden bekannten Grösse 9' der Platte A".
Die Combination einer Platte Æ mit einer zweiten K' kann man ferner dazu
benutzen, um sehr schwache Spuren von Doppelbrechung in X zu entdecken.
Aus der NEwTON'schen Farbenscala!) ist nämlich ersichtlich, dass für gewisse
Phasen-Difterenzen Fárbungen auftreten, welche stark variiren, falls die Phasen-
differenz nur wenig schwankt. Diese Fürbungen werden «empfindliche Farben«
genannt. Eine solche ist z. B. ein violett erster Ordnung, welches eintritt, falls
die Phasendifferenz für Licht mittlerer Wellenlänge ungefähr den Werth x besitzt.
Die Farbe schlägt für eine geringe Vergrösserung von 9 in blau, für eine ge-
rnge Verminderung in roth um.
Legt man nun in einen Polarisationsapparat eine Platte X’, welche diese
empfindliche Farbe zeigt, über eine andere X, so machen sich Spuren von
Doppelbrechung in letzterer durch eine Farbenänderung in X’ bemerkbar. Noch
empfindlicher wird die Vorrichtung, wenn man die Platte X’ in der Richtung
der Halbirungslinie ihrer Polarisationsebenen zerschneidet und dann die beiden
Hälften in ihrer Schnittlinie wieder vereinigt, nachdem man zuvor eine derselben
um die Normale der Schnittflche um 180? umgeklappt hat. Da dann die
Polarisationsebenen /77,' der beiden Hálften senkrecht aufeinander stehen, so
bewirkt eine geringe Doppelbrechung in XK eine Farbenánderung der beiden
Hälften von X’ in entgegengesetztem Sinne. — Diese Vorrichtung wird nach
ihrem Erfinder?) die Bnavairs'sche Doppelplatte genannt. Man kann mit ihrer
Hilfe leicht z. B. nachweisen, dass der Druck der Finger genügt, um in einem
Glaswürfel Doppelbrechung zu erzeugen.
Eine weitere Anwendung der Combination zweier Platten hat BABINET bei
l cf. E. BRÜCKE, POGG, Ann. 74, pag. 582. 1848. — G. QUINCKE, ibid. 129, pag. 180.
1866. — A. ROLLET, Wien. Ber. 77, pag. 117. 1878.
?) A. BRAVAIS, Ann. de chim. et de phys. (3) 43, pag. 129. 1855.