800 Rotationspolarisation.
Hilfe des BaniNET'schen Compensators und eines analysirenden Nicor'schen Pris-
mas ist von Jamın!) und nachher in noch verbesserter Anordnung von HECcHT?)
vorgenommen. Es zeigte sich befriedigende Uebereinstimmung zwischen den
beobachteten und den nach den Theorien von CAUCHY etc. berechneten Werthen
des q' und A (vergl. pag. 794), welche, wie oben pag. 789 erwähnt, untereinander
nicht wesentlich abweichen. — Nach einer von der vorigen etwas differenten
Methode hat CROULLEBOIS®) die Abhängigkeit des A von der Fortpflanzungs-
richtung beobachtet.
Die verschiedene Geschwindigkeit der beiden parallel der Axe fortgepflanzten
circular polarisirten Wellen kann man auch durch Interferenzversuche nachweisen,
indem die Lage der Interferenzstreifen, welche durch irgend eine Vorrichtung,
z. B. FREsNEL'sche Spiegel, FRESNEL'sches Biprisma, BiLLET sche Halblinsen, zwei
Beugungsspalten etc. hervorgerufen werden, bei Einschaltung einer planparallelen
Quarzplatte ihre Lage wechseln, je nachdem sie von Wellen gleicher, oder ent-
gegengesetzter Rotationsrichtung herrühren. Es treten daher im Allgemeinen drei
Interferenzfransensysteme auff. — Am übersichtlichsten gestalten sich die Ver-
háültnisse bei der einen von STEFAN?) angestellten Versuchsanordnung, bei welcher
hinter ein FRESNEL'sches Biprisma oder zwei Beugungsspalten eine Doppelplatte
aus einem rechts und einem links circular polarisirenden Quarz derart einge-
schaltet wird, dass von den beiden zur Interferenz gelangenden Lichtbündeln
jedes nur durch die eine Hälfte der Doppelquarzplatte hindurchgeht. Ist das ein-
fallende Licht cirkular polarisirt, so kommt in jeder Hälfte der Platte nur ein
Strahl zu Stande, denn es lässt sich aus den Uebergangsbedingungen des Lichtes
über die Grenze zweier Medien leicht ableiten, dass, falls in dem einen derselben
zwei verschiedene Arten von Lichtwellen sich fortpflanzen können, und falls das
einfallende Licht schon von der Art der einen dieser beiden Wellen ist, dann
nur die Welle dieser Art allein in dem doppelbrechenden Medium zu Stande
kommt. Ist das einfallende Licht z. B. rechts circularpolarisirt, so rühren die Inter-
ferenzstreifen von den beiden rechts circular polarisirten Strahlen in den Hálften
der Doppelquarzplatte her. Dieselben haben aber in einem rechts und einem
links drehenden Quarz verschiedene Geschwindigkeit, daher erscheinen die Inter-
ferenzfransen auch bei gleicher Dicke beider Quarzhálften aus ihrer ursprünglichen
Lage, wie sie ohne Einschalten der Quarzplatte stattfand, abgelenkt. Eine gleich
grosse Ablenkung, jedoch nach der entgegengesetzten Seite, tritt bei Anwendung
links circularpolarisirten einfallenden Lichtes auf. Die gemessenen Ablenkungen
1) J. JAMIN, Ann. de phys. et de chim. (3) 30, pag. 55. 1850.
2) B.. HEcHT, WIED. Ann. 20, pag. 426. 1883; 30, pag. 274. 1887.
3) CROULLKBOIS, Ann. de chim. et de phys. (4) 28, pag. 382. 1873. — Ebenfalls hat
F. BEAULARD (Compt. rend, 109, pag. 140. 1889; 110, pag. 1063; III, pag. 173. 1890) die
elliptische Doppelbrechung im Quarz gemessen. Die Resultate waren mit der Gouv'schen Theorie
(cf. pag. 796) im Einklang.
4j Derartige Versuche sind gemacht von BABINET (Compt. rend. 4, pag. 9oo. 1837; Poco.
Ann. 42, pag. 30. 1837), STEFAN (Wien. Ber. (II) 50, pag. 380. 1864; POGG. Ann. 124, pag. 623.
1865), COrNU (Compt. rend. 92, pag. 1369. 1881) und CROULLEBOIS (Compt. rend. 92,
pag. 297, 519 u. 1008. 1881). Betreffs der Interpretation dieser Versuche vergl. auch BILLET,
Traité d'optique physique, Paris 1859, Bd. 2, pag. 242 und RicHr, Journ. de Phys. 7, pag. 29.
1878. Ein anderer Fall von Interferenzen, welche durch die beiden im Quarz lings der Axe
fortgepflanzten circularpolarisirten Wellen hervorgerufen werden, ist von LOMMEL (WIED. Ann. 36,
pag. 733. 1889) an einem Quarzprisma beobachtet worden.
5) J. STEFAN, Wien. Ber. (II) 53, pag. 548. 1866.