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Absorption in der Nähe der optischen Axen. 815
Dieser Vergleich zwischen den Gesetzen von beiderlei Arten Lichtvectoren
ist oft benützt?, um zu Gunsten der FnzsNEL'schen Theorie gegenüber der
NEUMANN'schen zu entscheiden. Diese Entscheidung ist natürlich insofern nicht
zwingend, als sie sich auf die Hypothese stützt, dass lediglich die Lage des
Lichtvectors das Verhalten der Welle bestimmen soll?).
Nach beiden Anschauungen (der NEuMANN'schen und FRESNEL’schen) ergiebt
sich das Resultat, dass für diejenigen beiden Wellen, welche sich in zwei Haupt-
richtungen fortpflanzen und gleiche Farbe aufweisen, ihre' Polarisationsebenen
senkrecht zu einander liegen. Dies wird durch die Erfahrung leicht bestätigt,
wenn man einen parallel zu den Symmetrieebenen geschnittenen Würfel eines
absorbirenden Krystalls mit Hilfe eines drehbaren Nicor'schen Prismas betrachtet.
Im Allgemeinen zeigt ein solcher Würfel in denjenigen beiden Stellungen des
Nicols, in welchen seine Polarisationsebene einer der Würfelseiten parallel ist,
zwei verschiedene Fárbungen. Sind die durchgehenden Lichtstrahlen successive
parallel einer der Würfelkanten, so sind also sechs Fárbungen wahrzunehmen,
welche jedoch zu je zweien nach dem obigen Gesetze einander gleich sind.
Diese Krystalle werden daher auch trichroitisch genannt.
Besondere Wirkungen der Absorption werden in optisch zweiaxigen Krystallen
in der unmittelbaren Umgebung der optischen Axen beobachtet. Liegt die
Wellennormale in einer Ebene, welche um den Winkel ¢ gegen die Ebene der
optischen Axen geneigt ist und schliesst sie einen so kleinen Winkel g mit
der einen derselben ein, dass das Quadrat desselben gegen 1 zu vernachlässigen
ist, so ist?) x von diesem Winkel e unabhängig und nur eine Function von 4,
nämlich:
2 bx, = (a'cos?y + c! sin? y) cos? 2 + à! sin? $
ù d (19)
20%, = (a! cos? y 4- c! sin? y) sin? at 4 cos? 3'
wobei y den Winkei, welchen die optischen Axen mit einander einschliessen,
bedeutet.
Diese Formeln zeigen, dass, wenn man aus der Ebene der optischen Axen
heraus in einem engen Kreiskegel um eine derselben herumgeht bis wieder in
die Ebene der Axen hinein, x, sich ebenso ándert, als «, beim Gehen in der
entgegengesetzten Richtung. — Für die optische Axe selbst werden jene Formeln
unbestimmt, weil dort ¢ seine Bedeutung verliert. Aus der Gleichung (13) folgt
in diesem Falle für die in der Ebene der optischen Axen polarisirte Welle:
95x, zb,
für die dazu senkrecht polarisirte: (19)
25x, — a cosy + c'sin?y.
Betrachtet man eine Platte von der Dicke Z senkrecht zu einer optischen
1) Vergl. HAIDINGER, PocG. Ann. 86, pag. 131. 1852. — Reproducirt von MOUSSON,
Physik 2, pag. 630. 1872. — MÜLLER-POUILLET, Physik, I, pag. 804. 1864. — E. CARVALLO,
Journ. de Phys. (2) 9, pag. 257. 1890. — Auch E. LOMMEL (WIED. Ann. 44, pag. 311. 1891)
hat aus Fluorescenzerscheinungen ähnlich geschlossen.
2) FRESNEL machte in der That in seiner Theorie der Doppelbrechung von dieser
Hypothese Gebrauch.
3) W. VoiGT, WIED. Ann. 23, pag. 595. 1884. — Die entwickelten Formeln gelten streng
nur für rhombische Krystalle. Zur Erklürung der Interferenzerscheinungen im polarisirten Licht
in qualitativer Hinsicht kónnen sie aber auch auf monokline und trikline Krystalle angewandt
werden.