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Polarisation des gebeugten Lichtes. 841
Ansatz den Ort, an welchem für die Lichtintensitit Maxima und Minima bestehen,
richtig zu berechnen erlaubt, die Intensitáten selber dagegen und den Polarisations-
zustand!) des gebeugten Lichtes nicht.
Diese Lücke hat zuerst SrTokEs?) auszufüllen gesucht, indem er aus den
Differentialgleichungen fiir die Lichtbewegung die Verriickung an einem beliebigen
Orte bestimmte, falls sie an einem anderen gegeben war. Aus der erhaltenen
Lösung ergab sich die Möglichkeit einer experimentellen Entscheidung zwischen
der FRESNEL’schen und NEUMANN’schen Definition der Polarisationsebene, indem
nach ersterer die Polarisationsebene des gebeugten Lichtes der Beugungsebene
näher liegen müsste als die Polarisationsebene des einfallenden Lichtes, während
nach letzterer das Entgegengesetzte der Fall sein müsste. Die an einem Glas-
gitter angestellten Experimente im durchgehenden Licht schienen zu Gunsten
FRFSNEL’S zu entscheiden, während die von Ho1TzMmAnn3) an einem Russgitter
angestellten Versuche für die NEUMANN'sche Auffassung sprachen. Dies ver-
anlasste STOKES*) zu der Meinung, dass bei grossen Beugungswinkeln doch
vielleicht die Substanz des Gitters und nicht nur die Gestalt und Lage seiner
Oeffnungen von Einfluss sei, da bei grossen Beugungswinkeln für die Licht-
intensität hauptsächlich die an den Rändern der Schirméffnungen unmittelbar
anliegenden Wellen maassgebend sind.
Diese Meinung hat sich besonders durch die von Gouv®) angestellten
Versuche über die Polarisation des am einfachen Rande eines Schirmes gebeugten
Lichtes bestätigt, aus denen der Einfluss der Natur des Schirmes evident zu
Tage tritt. Durch diese Versuche erweisen sich die sümmtlichen9), bisher auf-
gestellten "Theorieen, in denen die Substanz des Beugungsgitters als unwesentlich
erscheint, als. unzureichend. Die Willkiirlichkeit der bisherigen Anschauungs-
weise liegt offenbar darin, dass man die Lichtbewegung in einer Schirmóffnung
als überall gleichgerichtet und nur durch die Elementarwelle bestimmt annahm.
1) Dass auch bei einfallendem natürlichen Lichte das von einer Stahlplatte. in welche ein
Gitter eingerissen ist, reflektirte Licht stark polarisirt ist, hat D. BREWSTER schon im Jahre 1830
beobachtet. Vgl. D. BREWSTER, Compt. rend. 30, pag. 496. 1850.
?) G. G. SrokEs, Cambr. Trans. 9, pag. I. 1849. Die Bezichung des von STOKES
gelösten Problems zu dem von HERTZ gelösten analogen in der Elektrodynamik ist besprochen
von W. Könıc, WIED. Ann. 37, pag. 651. 1880.
3) C. A. H. HoLTzZMANN, PoGG. Ann. 89, pag. 446. 1856.
4) G. G. Stokes, Phil. Mag. (4) 13, pag. 158, 1857; PoGG. Ann. 101, pag. 154. 1857.
5) Gouy, Compt. rend. 96, pag. 697. 1883; 98, pag. 1573. 1884; Ann. de chim. et de
phys (6)8, pag. 145. 1886. Vergl. auch W. WiEN, WIED. Ann. 28, pag. 117. 1886; HURMUCESCU,
Comp. rend. 114, pag. 465. 1892.
6) Solche sind gegeben von F. EISENLOHR (PoGG. Ain. 104, pag. 337. 1858), L. LORENZ,
(PoGG. Ann. 111, pag. 315. 1860). E. LoMMEL (Grun. Arch. 38, pag. 209. 1862), POTIER
(Compt. rend. 64, pag. 960. 1867), L. DITSCHEINER (Wien, Ber. (II) 67, pag. 205. 1873),
S. FROHLICH (WIED. Ann. 3, pag. 376, 568. 1878; 4, pag. 319. 1878; 5, pag. 134. 1878;
6, pag. 414, 1879; 8, pag. 670. 1879; 13, pag. 133. 1887; 15, pag. 576. 1882; 22, pag. 161.
1884), M. RÉTHY (WIED. Ann. 11, pag. 504. 1880). — W. Konic (WIED. Ann. 17, pag. 1016.
1882), R. T. GLAZEBROOK (Proc. Cambr. Phil. Soc. 5, pag. 254. 1885), ROWLAND (Philos.
Mag. (5) 17, pag. 413. 1884). In der letzten Arbeit, welche die Vorstellungen der elektro-
magnetischen Theorie benutzt, ist gezeigt, dass die genannten Erscheinungen nicht zur Bestimmung
der Lage der Polarisationsebene dienen können, auch nicht, wenn man von den gewöhnlichen
Vorstellungen der elastischen Theorie ausgeht, da gleichzeitig mit der Verschiebungswelle
(Componenten z, 7, w) eine Drehungswelle (Componenten & 7, {) existirt. Vergl. die Be-
merkungen der pag. 673 dieses Handbuches. — RAYLEIGH, Phil. Mag. (5) 12, pag. 1881.