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Entwickelung der Thermometrie. 9
Ausser ToBras MAYER, in dessen Nachlasse sich ein 1755 von ihm ver-
fertigtes Quecksilberthermometer vorfand, welches neben den üblichen Ein-
theilungen auch eine »Scala expansionum aeris« aufwies (an welcher der Eis-
punkt mit 1000, der Siedepunkt mit 1380 bezeichnet war) hat wohl nur LAMBERT
zu jener Zeit die Bedeutung der Arbeiten AMONTONS erkannt und in vollem
Umfange gewürdigt, Auch er zog aus der Ausdehnung der Luft die Folgerung,
»dass der Grad 0 der Wärme der absoluten Kälte entspreche, bei der die
Luft so dicht zusammenfalle, bis sich ihre 'Theilchen durchaus berühren«. Er
kehrte zu der ursprünglichen Construction des Luftthermometers von AMONTONS
zurück und berücksichtigte bei der Bestimmung der Ausdehnung der Luft
zwischen den Temperaturen des schmelzenden Eises und des (unter 28" 5"' par.)
siedenden Wassers die Correctionen, wegen der gleichzeitigen Spannungsände-
rungen der Luft, der Ungleichheit des Calibers des Manometers und der
Aenderung der Dichte: des Quecksilbers durch die Temperatur. Auch der
noch unbekannten Ausdehnung des Glases trug er dadurch Rechnung, dass er
dem grösseren, noch nicht für die Ausdehnung corrigirten Werth des Queck-
silbers 0-370 den Vorzug gab, der iiberdies das Mittel hielt zwischen den von
AMONTONS, von CRUCQUIUS und von POLENI beobachteten Werthen !).
Aus seinen Vergleichungen von Thermometern mit calibrirten Róhren fand
er im Gegensatze zu AMONTONS, dass die Ausdehnung des Alkohols wesentlich
von der des Quecksilbers und der Luft abweiche und machte auf die hieraus
sich ergebenden 'lhermometercorrectionen aufmerksam ?. Die 1779 unmittelbar
nach seinem Tode herausgegebene Pyrometrie muss daher als die erste wissen-
schaftliche Grundlage der Thermometrie angesehen werden.
Nach den Arbeiten von LAMBERT trat ein längerer Stillstand in der Thermo-
metrie ein und spáter in gewissem Sinne sogar ein Rückschritt, indem zu Anfang
des Jahrhunderts Gav-Lussac an Stelle des von LAMBERT angenähert richtig be-
stimmten Ausdehnungscoëfficienten der Luft den unrichtigeren Werth 0:00375
setzte, der nicht nur für die Luft und die sogen. permanenten Gase, sondern
sogar für etwas überhitzte Dámpfe, also allgemein gelten sollte. Da Darrow in
Folge eines Versehens zufällig zu demselben Werthe für die Ausdehnung der
Luft gelangte, So wurde an der Richtigkeit dieser Resultate nicht gezweifelt, ob-
schon GILBERT sehr bald das Versehen aufgedeckt und die Nichtübereinstimmung
nachgewiesen hatte.
Erst RUDBERG hat im Jahre 1837 nach zweckmässigeren Methoden die Be-
stimmung des Ausdehnungscoëfficienten und des Spannungscoëfficienten der Luft
sehr sorgfältig aufs Neue durchgeführt und unter sich gut übereinstimmende,
1) Vergl. LAMBERT, Pyrometrie, pag. 47. CRUCQUIUS u. POLENI benutzten ihre graduirten
Thermometer zu meteorologischen Beobachtungen. Sie fanden für die Ausdehnung der Luft
zwischen der Temperatur des schmelzenden Eises und des siedenden Wassers 0:411, 0:333,
AMONTONS (0:417 u. T. MavER 0:380.
2) Es erfordern daher die namentlich von MARTIN und von SWINDEN (Dissertation sur la
comparaison du thermométre. Amsterdam 1778, pag. 204—210. Positiones phisicae T. I. et
II. Hardisso 1776) publicirten Tafeln zur Reduction der Scalen der älteren Thermometer eine
Revision. RENOU bemerkt ferner (Histoire du thermométre, pag. 20), dass diesen Tafeln noch
nicht die jetzt angenommenen Definitionen der Fixpunkte zu Grunde liegen. Aber selbst
wenn alle diese Correkturen berücksichtigt werden, so bleiben dennoch, namentlich bei niedrigen
Temperaturen (vergl. z. B. GEHLER's Lex. 2, tom. 9, pag. 834) betrüchtliche individuelle Ab-
weichungen bestehen, die in der Verschiedenheit der angewandten Alkohole und in dem bei
der Graduirung benützten Verfahren begründet sind.