Beziehungen der specifischen Wärme zum Atomgewicht. 345
Dass‘ die specifische Wärme einer Substanz, wenn diese in verschiedenen
allotropen Modifikationen vorkommt, verschiedene Werthe annehmen kann,
zeigen die schon angeführten Resultate von WEBER über den Kohlenstoff, der
als Diamant und Graphit in niedrigeren Temperaturen bedeutende Unterschiede
(bis zu. 80%) in der specifischen Wärme aufweisst. REGNAULT!) hatte dies
schon früher am Schwefel gezeigt, der nach- der Schmelzung in Prismen
krystallisirt, nach längerer Zeit sich aber in Rhombenoctaéder umwandelt.
REGNAULT fand:
Schwefel, frisch geschmolzen . . . . . 01844
» nach zwei Monaten .. ... .- . . 01808
? » zwebl]ahren ew. 50. 2: 00764
» natürlicher, krystallisirter . . . 01776.
Die Zahlen zeigen, dass die specifische Wirme des frisch geschmolzenen
Schwefels mit wachsender Zeit abnimmt und schliesslich den Werth annimmt,
den auch der natürliche Schwefel besitzt?).
3) Beziehungen der specifischen Wárme zum Atomgewicht. —
Gesetz von DuLoNc und Pkrir.
Im Jahre 1819 fanden DuLoNc und PETIT?) bei der Untersuchung der
specifschen Wärmen von chemisch einfachen Stoffen, dass das Produkt aus
der specifischen Wirme und dem Atomgewicht für die untersuchten Sub-
stanzen gleich sei. Dieses Gesetz wurde durch die späteren Unter-
suchungen, welche auf weitere chemische Elemente ausgedehnt wurden;
annähernd bestätigt; nur fügten sich die Elemente Bor, Kohlenstoff und Silicium
dem Gesetze nicht, indem das Produkt von specifischer Wärme und Atomgewicht
bei diesen Elementen bedeutend kleinere Werthe lieferte, als die übrigen Sub-
stanzen. Erst durch die Untersuchungen von H. F. WEBER, welche schon (pag. 343)
angeführt sind, wurde bewiesen, dass die genannten drei Körper eine mit
wachsender Temperatur sehr stark zunehmende specifische Wärme besitzen,
welche oberhalb einer bestimmten Temperatur nahezu constant wird und welche
dann ebenfalls dem DuLonc-PrTiIT'schen Gesetz annähernd entspricht.
Das Produkt aus specifischer Wärme und Atomgéwicht ist der Wärmemenge
proportional, welche nothwendig ist, um die Atome um 1° zu erwärmen. Nennt
man dieses Produkt die Atomwärme des Kôrpers, so nimmt das DULONG-PETIT'sche
Gesetz folgende einfache Gestalt an: »Alle einfachen (nicht zusammen-
gesetzten) Kórper haben die gleiche Atomwärme«s. Dasselbe gilt mit
einer gewissen Annáherung, die sogleich náher angegeben wird, für die Elemente
im festen Aggregatzustande.
In der folgenden Tabelle sind die Resultate zusammengestellt. Die Atom-
gewichte sind der Tabelle entnommen, welche L. MEVER und K. SEUBERT: ,,Die
Atomgewichte der Elemente, Leipzig 1883** angegeben Die specifischen Wärmen
7 REGNAULT, Ann. de chim. et de phys. (2) 73, pag. 1. 1840; Pocc. Ann. 51,
pag. 44. 1840.
?) Ueber die specifische Wárme allotroper Modifikationen sind noch die Arbeiten von
Kopp (LEB. Ann. III Suppleb., pag. 1, 289. 1864) und von BETTENDORFF und WULLNER,
(Pocc. Ann. 133, pag. 293. 1868) zu erwühnen. Ueber den Einfluss der Temperatur auf die
von diesen Forschern erhaltenen Resultate vergl. H. F. WEBER l c.
3) DuLoNG und PETIT, Ann. de chim. et de. phys. 10, pag. 395. 1819.