Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 2 Band, 2. Abtheilung)

    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
  
  
    
  
  
    
348 Specifische Wärme der festen Körper. 
keine Temperaturänderung eintreten lassen, wenn die Atome der beiden Körper 
die gleiche lebendige Kraft der Bewegung besitzen. Da dies für alle Tempera- 
turen in gleicher Weise gelten muss, so folgt, dass zwei Kórper den gleichen 
Zuwachs der lebendigen Kraft der Bewegung ihrer Atome erfahren, wenn sie 
um einen Temperaturgrad erwärmt werden. Bezeichnet man die Wärmemenge, 
welche nothwendig ist, um die lebendige Kraft der Bewegung in einem Gramm 
eines Kórpers so weit zu erhóhen, dass eine Temperatursteigerung um 1^ ein- 
tritt, als die wahre specifische Würme des Kórpers, so wird das Produkt aus 
dieser specifischen Würme und dem Atomgewicht ein relatives Maas für den 
Zuwachs der lebendigen Kraft eines Atoms bei der Temperatursteigerung um 
1? sein. Da aber dieser Zuwachs nach dem Obigen für die verschiedenen 
Körper gleich ist, so wird auch das genannte Produkt von der Natur des 
Körpers unabhängig sein. Würden daher die Substanzen bei ihrer Erwärmung 
keine innere Arbeit beanspruchen, dann wäre die experimentell bestimmte spe- 
cifische Wärme gleich der wahren (in dem obigen Sinne verstanden) und dann 
würde das Durowc-PETIT'sche Gesetz streng richtig sein. In Wirklichkeit ist die 
innere Arbeit bei den festen Kórpern aber erheblich von Null verschieden, und 
deshalb folgt aus dem annáühernden Zutreffen des DuroNG-PETIT'schen Gesetzes, 
bezogen auf die experimentell bestimmten specifischen Wármen, dass die bei der 
Erwärmung zu leistenden inneren Arbeiten für alle einfachen Körper annähernd 
gleich sind, wenn dieselben auf Gewichte bezogen werden, welche den Atom- 
gewichten proportional sind. 
Nach der obigen Darlegung rühren die Unterschiede, welche die einzelnen 
Elemente in ihren Atomwärmen unter einander zeigen, davon her, dass die 
inneren Arbeiten, welche zur Ueberwindung der Cohäsionskräfte zu leisten sind, 
nicht unabhängig von der Natur der Elemente sind. 
Die wahre specifische Wärme eines Körpers ist nach CLausIus!) für jeden 
Körper eine vollkommen constante Grösse und deshalb sowohl von der Tem- 
peratur als auch dem Aggregatzustande vollständig unabhängig. Alle Veränderungen, 
welche die empirisch bestimmte specifische Wärme zeigt, rühren bloss von den 
verschiedenen Gróssen der inneren Arbeit her, welche unter verschiedenen Um- 
ständen zu leisten sind. 
4) Gesetz von NEUMANN. 
Im Jahre 1831 theilte F. E. NEUMANN eine Untersuchung über die 
specifische Wärme von Mineralien mit, in der er für zusammengesetzte 
Substanzen ein ähnliches Gesetz  aufstellte, wie das DULONG - PETIT'sche 
fiir die chemisch einfachen Körper ist. Das NEUMANN'sche Gesetz lautet?): 
„Es verhalten sich bei chemisch ähnlich zusammengesetzten Stoften die 
specifischen Wärmen umgekehrt, wie die stócbiometrischen — Quantitáten"'. 
Man kann dasselbe auch so ausdrücken: Bei chemisch ähnlich zusammen- 
gesetzten Stoffen ist das Produkt aus specifischer Wärme und Molekulargewicht 
constant. 
Im Folgenden ist als Beispiel eine Reihe von Oxyden angeführt, die nach 
der Formel AO zusammengestellt sind; die specifischen Wärmen sind die von 
REGNAULT?) bestimmten. 
  
1) CrLAusIUS, Ges. Abhandl., pag. 270. 1864; PoGG. Ann. 116, pag. 100. 1862. 
?) F. E. NEUMANN, PoGG. Ann. 23, pag. 32. 1831. 
3) REGNAULT, Ann. de chim et de phys. (3) 1, pag. 129, 184; PoGG. Ann. 53, pag. 60, 
243. 1841. 
  
  
  
  
  
 
	        
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