394 Specifische Wärme der Gase.
haben, sondern dass ein Theil der zugeführten Wärme zur Arbeitsleistung inner-
halb des Moleküls verwandt wird?)
E. Specifische Würme der Gase und Dämpfe bei sehr hoher
Temperatur.
Die bisher mitgetheilten Versuche über die specifische Wärme der Gase
bewegen sich nur in dem Temperaturintervall von etwa — 30° bis + 200°. Es
ist neuerer Zeit gelungen auf einem indirekten Wege bis zu viel höheren Tem-
peraturen zu gelangen. MALLARD und LE CHATELIER 2) brachten in einem eisernen
Cylinder ein Gasgemisch von bekannter Zusammensetzung zur Explosion und
bestimmten durch ein Manometer den erzeugten Maximaldruck. Aus diesem
Maximaldruck ermittelten sie mit Berücksichtigung der Abkühlung die Verbrennungs-
temperatur und mit Hilfe der letzteren konnten sie die mittlere specifische
Wárme des Gasgemisches bei constantem Volumen ableiten.
Wurde einem explosiven Gasgemisch ein gleiches Volumen der Gase Stick-
stoff, Sauerstoft, Wasserstoff oder Kohlenoxyd beigefügt, so verminderte sich der
Maximaldruck um die gleiche Grósse, d. h. die Verbrennungstemperatur bleibt
die gleiche, wenn ein beliebiges Volumen eines der genannten Gase durch ein
gleiches Volumen eines anderen der erwühnten Gase ersetzt wird. Daraus folgt,
dass die mittlere Molekularwárme der Gase N,, O,, H, und CO bei constantem
Volumen bis zu Temperaturen von etwa 2000? die gleiche ist. Bei gewóhnlicher
Temperatur ist die Molekularwärme dieser Gase, wie Tabelle pag. 387 schon er-
geben hat, ebenfalls sehr nahe übereinstimmend und zwar gleich 4:9. Ferner ergab
sich, dass die Molekularwárme mit wachsender Temperatur zunimmt?), wie
MaLLARD und LE CHATELIER unter Benutzung der Versuchsresultate von SARRAU
und VIEILLE mit Sicherheit nachweisen konnten, und zwar auch fiir die oben
genannten Gase, bei denen eine Zunahme bis 200° von REGNAULT resp.
E. WIEDEMANN nicht nachweisbar war. Bezeichnet man die Molekularwärmen
bei #mit m-c;, so ergab sich unter Zugrundelegung der Messungen von
REGNAULT und WIEDEMANN für die Molekularwärme bei constantem Volumen für
N,, O,, Hy und CO
nc; = 416 4- 0:002447.
Nach dieser Formel wird die mittlere Molekularwáàrme zwischen 0 und
100° gleich 4-88, und zwischen 0° und 200? gleich 5:00.
Für Kohlensáure und Wasserdampf ebenfalls bei constantem Volumen finden
dieselben Forscher
Kohlensäure . . 7-6; 6:50 + 0:00774 7,
Wasserdampf . . 9-:c; 2 578 + 000572 4
Die Formel für Kohlensäure lässt eine genauere Vergleichung zu, indem
einerseits die Abhängigkeit der specifischen Wärme bei constantem Druck durch
Versuche von REGNAULT und E. WiEDEMANN bekannt ist und andererseits das
Verhältniss der specifischen Würmen bei 0° und 100° durch WULLNER be-
1) Der Zusammenhang zwischen der Energie der fortschreitenden Bewegung der Moleküle
und der gesammten Energie, ebenso die Energie der Atome im Verhältniss zur Gesammtenergie,
auf die wir früher nur beim Quecksilberdampf ıäher eingegangen sind, ist in der kinetischen
Theorie der Gase für die einzelnen Gase näher zu behandeln.
2) MALLARD und LE CHATELIER, Compt. rend. 93, pag. 962, 1014, 1076. 1881.
3) MALLARD und LE CHATELIER, Séanc. Soc. de Phys. 1888, pag. 308. — Vergl auch
VIEILLE, Compt. rend. 96, pag. 1358. 1883, — sowie BERTHELOT und VIEILLE, Compt. rend.
98, pag. 545 etc- 1884.