Anwendungen der mechanischen Wärmetheorie.
Auf der linken Grenzcurve beginnt die Flüssigkeit gerade zu verdampfen,
auf ihr ist also noch kein Tröpfchen Dampf vorhanden. Folglich ist ihre
Gleichung, wenn wieder x die Dampfmenge bedeutet:
x= 0.
Auf der rechten Grenzcurve ist alle Flüssigkeit gerade in gesáttigten Dampf
übergegangen, ihre Gleichung ist also
X = 1.
Die beiden Grenzcurven sind also specielle Fälle der Curven constanter
Dampfmenge.
Erhitzen wir unsere Flüssigkeit so, dass sie sich lings der linken Grenzcurve
DE ausdehnt, so haben wir in der allgemeinen Gleichung
0Q=rdx + [x(k —¢) + dT
einzusetzen x = 0 und dx = 0, also wird
0 Q linke Grenzcurve == cd.
Erhitzen wir umgekehrt unseren gesättigten Dampf so, dass er auf der
rechten Grenzcurve sich veründert, so ist
x=1 und Zx-90,
also ist dort
à Q rechte. Grenzcurve — 2d 7.
Daraus folgt, dass c die specifische Wärme der Flüssigkeit ist, wenn sie
sich auf der linken, Z die des gesättigten Dampfes ist, wenn er sich auf der
rechten Grenzcurve veründert.
22) Von hervorragender Wichtigkeit ist, dass die beiden Grenzcurven oben
in einander übergehen, so dass das Gebiet II nach oben begrenzt ist. Es
geht das aus den Versuchen von ANDREws über den kritischen Zustand der
Flüssigkeiten hervor, die im Artikel »Dámpfe« ausführlich besprochen werden.
Nach diesen Versuchen ist es oberhalb der kritischen Temperatur nicht möglich,
einen Dampf zu condensiren, folglich kann das Gebiet II nicht über diese
Temperatur hinausreichen. Ist 8 die kritische Temperatur einer Flüssigkeit und
ziehen wir eine der Abscissenaxe parallele Gerade in der Höhe 9, so müssen
also an dieser Geraden die beiden Grenzcurven zusammenlaufen, die Gerade
bildet dort eine Tapngente an der Curve DEG Z. Das Volumen, welches die
Flüssigkeit (immer die Gewichtseinheit vorausgesetzt) an diesem Berührungs-
punkte hat, heisst das kritische Volumen, der Druck des gesáttigten Dampfes
an dieser Stelle heisst der kritische Druck.
23) Die Eigenschaften der gasfórmig-flüssigen Substanzen, die zur Existenz
eines kritischen Zustandes führen, sind zuerst von VAN DER WAALS 1) zusammen-
hängend behandelt worden. Sie lassen sich durch die von ihm aufgestellte
Zustandsgleichung der Gase zusammenfassen. Es sind in der Folge an der
ursprünglichen vaN pER Waars'schen Gleichung eine Reihe von Veränderungen
vorgenommen worden, da thatsächlich nicht alle späteren experimentellen Daten
durch die vaN pER Waars'sche Formel sich ganz genügend darstellen lassen.
Ueber diese wirklichen oder scheinbaren Verbesserungen der Zustandsgleichung
s. den Aufsatz »Dámpfe«. Hier handelt es sich wesentlich darum, diejenigen
Schlüsse aus der Zustandsgleichung zu ziehen, welche die mechanische Wärme-
theorie an die Hand giebt, und bei diesen kommt es mehr auf die Form, als
1) VAN DER WAALS, Ueber die Continuität des flüssigen und gasförmigen Zustandes.
Uebersetzt von RorH, Leipzig 1881.