556 Die kinetische Theorie der Gase.
Ist @ die Arbeit, welche geleistet werden muss, um eine Molekel aus dem
Inneren in die Oberfläche zu bringen, so ändert sich @ mit der Temperatur
proportional 4, wenn wir, was für genügend niedrige Temperaturen erlaubt ist,
die Aenderung von p vernachlässigen. @ ist aber auch proportional der Capillari-
tätsconstanten, d. i. jener Arbeit, welche nothwendig ist, um die Oberfläche der
Flüssigkeit um die Flácheneinheit zu vergróssern!) Daher ist
a = às (1 — e?)
und
A m À, QU — 8/7),
wenn wir mit e den Temperaturcoëfficienten der Capillaritätsconstanten, mit a,
und A4,' die entsprechenden Werthe fiir die Temperatur 0° bezeichnen.
Ist der äussere Druck p,, unter welchem die Flüssigkeit steht, wie es ge-
wöhnlich der Fall ist, klein, so können wir 5, gegen , vernachlässigen und
erhalten dann für den inneren Druck
P= 04) (1 — et) = Poll — eb.
Auf Grund der berechtigten Vernachlässigung wird dann Gleichung (26)
380? nmc? C (1 4- a7)
* — Y — —
= = IY 6h
wenn wir
| 80? nmcg
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setzen. Daraus folgt
C 1+a/
ES ZU
e P l—sf
Diese Gleichung giebt uns die Beziehung zwischen dem Volumen und der
Temperatur einer Flüssigkeit, sie lehrt uns gleichzeitig das Molekularvolumen
6 und den inneren Druck P kennen, da wir ja die Grösse mc? aus dem
BovLE-MARIOTTE-GAY-Lussac’schen Gesetz erhalten, wenn wir entsprechend der
Regel von AvocapnRo z7; gleich dem Molekulargewicht der Flüssigkeit nebmen.
Thatsáchlich schliesst sich unsere Gleichung, was die Beziehung zwischen
Volumen und Temperatur der Flüssigkeiten betrifft, soweit es die gemachten
Vernachlássigungen erwarten lassen, den Beobachtungen an. Auch fiir die Grosse
des inneren Druckes erhalten wir Werthe, welche zwar kleiner als die VAN DER
WaaLs'schen sind, aber in der Gróssenordnung mit diesen übereinstimmen.
Wichtiger als der sogen. innere Druck erscheint nach unserer Theorie,
welche ja eine kinetische ist, die progressive Geschwindigkeit der Flüssigkeits-
molekeln. Nennen wir dieselbe c,, so ist sie nach Gleichung (24) durch
mec? — mc + À
gegeben, woraus nach Gleichung (25)
2(v — 2)?
—— 8)nm
folgt. Es ist also c,? gegen c? sehr klein. Ja wir kónnen ohne Weiteres, wie
wir früher den äusseren Druck gegenüber dem inneren vernachlássigt haben,
jetzt die Grosse c,?, d. h. das mittlere Quadrat der Geschwindigkeit der Flüssig-
keitsmolekeln gegenüber jenem der Dampfmolekeln vernachlässigen.
Wir müssen demnach annehmen, dass die Energie der fortschreitenden Be-
wegung der Molekeln bei der Condensation eines Dampfes fast vollständig in
Wärme umgewandelt wird, die demnach einen Hauptbestandtheil der Ver-
dampfungswärme ausmachen wird. Mit zunehmender Temperatur wüchst cj? viel
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Cz e
I) Siehe G. JAGER, Wien. Ber. 99, pag. 867; 101, pag. 920.