Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
96 Eigenschaften der Dielektrika, 
VIII. Rückstand. 
Wenn man einen Akkumulator mit starrem Dielektrikum zu entladen ver- 
sucht, indem man seine beiden Belegungen leitend verbindet, so zeigt sich stets, 
dass diese Entladung keine vollständige ist, dass vielmehr, nach Aufhebung der 
Schliessung, der Akkumulator sich wieder geladen zeigt in derselben Weise wie 
bisher. Man nennt diese Erscheinung Rückstandsbildung. Sie sieht so aus, als 
ob in dem Akkumulator (Flasche) trotz der Entladung noch ein Rückstand von Elek- 
tricität geblieben sei, der nachher wieder zum Vorschein kommt. Man stellt sich 
den Vorgang so vor, dass ein Theil der Elektricität in das Innere des Isolators 
eingedrungen sei, der erst nach der Entladung wieder an die Oberfläche kommt. 
Durch die Verbindung der Belegungen der Flasche gleichen sich ihre Elektrici- 
täten aus und neutralisiren einen Theil der Ladung des Dielektrikums, während 
der Rest, der Rückstand dieser Ladung im Dielektrikum bleibt und durch In- 
fluenz dann auf den Belegungen wieder dieselbe Elektricitát erzeugt, wie vorher. 
R. KonrRaUscH!) untersuchte diese Verhältnisse, indem er eine Flasche plötzlich 
lud und sofort den Knopf mit einem Sinuselektrometer in Verbindung brachte 
und die Abnahme des Ausschlags mit der Zeit beobachtete. Indem er den 
etwaigen Zerstreuungsverlust berücksichtigte, konnte er die Abnahme der dispo- 
niblen Ladung mit der Zeit bestimmen, d. h. diejenige Ladung, welche nach 
der Entladung den Rückstand hervorbringt. So fand er, dass die Rückstände den 
ursprünglichen Ladungen proportional sind, aber unabhängig von der Art der 
Entladung sind. 
Die disponible Ladung zu einer Zeit /ist dem Ausschlag des Elektrometers 
zu dieser Zeit proportional. Sie sei Zr. Wenn der Zerstreuungsverlust berück- 
sichtigt ist, so ist die ursprüngliche Ladung Q zur Zeit £ verwendet 1) zur dis- 
poniblen Ladung Z7 und zweitens für den Rückstand zu dieser Zeit A7, so dass 
Q— Lr R; 
ist. Kennt man Z; als Funktion der Zeit, so kann man 7 daraus berechnen. 
Die Ursachen des Eindringens der Elektricitit in das Dielektrikum, der 
Rückstandsbildung, und des Wiederhervortretens derselben kónnen verschieden 
sein?). 
1) Die Dichtigkeit der Electricitát auf den Belegungen kann bei der Ladung 
gross genug sein, um einen direkten Uebergang durch die schlecht leitende 
Zwischenschicht zwischen Belegung und Isolator (Luft u. dergl) zu veranlassen. 
Nach der Entdeckung findet dann hauptsáchlich durch Influenz die neue Ladung 
der Belegungen statt. 
2) Wenn der Isolator über die Belegungen hinausragt, so kann direkter Ueber- 
gang der Elektricitát zwischen Metall und Isolator stattfinden. 
3) Der Isolator wird dielektrisch polarisirt und zwar nicht auf einmal, sondern 
allmáhlich, wodurch zuerst eine scheinbare Abnahme der Ladung entsteht. Bei 
der Entladung wird die Polarisation des Dielektrikums auch nicht auf einmal 
aufgehoben, sondern allmàhlich, wodurch eine Zeit lang die Ladung der Be- 
legungen erhalten bleibt. 
4) Könnte die freie Elektricitit vom Dielektrikum absorbirt werden so dass 
sie nach aussen keine Wirkungen hátte. Bei der Berührung des Dielektrikums 
mit den unelektrischen Belegungen kónnte sie wieder frei werden. 
Von diesen Möglichkeiten lässt sich die letzte dadurch widerlegen, dass ein 
1) R. KOHLRAUSCH, POGG. Ann. 9I, pag. 56. 1854. 
?) WIEDEMANN, Elektricität II, pag. 91. 
  
  
  
 
	        
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