98 Eigenschaften der Dielektrika.
wie es Borrzmann1) für die elastische Nachwirkung gethan hat, dargestellt werden
könne. Die Versuche von HOPKINSON scheinen dieser Hypothese nicht zu
widersprechen.
MAxWELL?) zeigt dagegen (s. o. pag. 92), dass Rückstandserscheinungen sich
in jedem Kórper zeigen müssen, der nicht vollständig homogen ist. Wenn nám-
lich die Dielektricititsconstante an verschiedenen Stellen des Körpers in ver-
schiedenem Verhältniss zur Leitungsfähigkeit steht, was bei unhomogenen
Körpern der Fall sei, so zeigen die Körper Rückstandserscheinungen.
MAXxWELL selbst ist allerdings nicht der Ansicht, dass sich jede Rückstands-
bildung dadurch erklären lasse. Aber es ist jedenfalls danach bei jedem in-
homogenen Kórper Rückstand zu erwarten.
Einige Bestütigungen für die MaxwELL'sche Theorie liegen vor. Zunächst
haben ROwLAND und NicHors*) gezeigt, dass in Krystallen, welche ja homogen
sind, kein Rückstand auftritt. Sie bewiesen dies an Kalkspathplatten, welche
keine Spur von Rückstand zeigten.
HerTtz*) untersuchte eine homogene Flüssigkeit, Benzin, welche Rückstand
zeigte, genauer, fand aber, dass der Rückstand nur auf Verunreinigung des
Benzins beruhe und mit diesem verschwinde.
AnoNs?) zeigte weiter, dass auch in vollständig homogenem Paraffın keine
Rückstandsbildung auftrete. Der von DiETERICI gefundene Rückstand erkläre sich
durch die Herstellung der Paraffintafeln, da bei ihnen die oberflächlichen Schichten
durch Oel verunreinigt seien.
In derselben Weise untersuchte MurAoKaA®) Paraffinöl, Petroleum. Ricinusöl,
Terpentinöl und Xylol und fand bei sorgfältiger Behandlung keinen Rückstand.
Schichtete er dagegen je zwei dieser Dielektrika (inclusive Paraffin und Luft)
auf einander, so fand er immer Rückstand, ausser wenn die beiden Dielektrica
sehr gut isolirten, wie es die Theorie auch verlangt. Rückstand trat auch nicht
ein, wenn die beiden Substanzen sich mischten oder lósten. Die MaxwkLr'sche
Theorie gilt also nur fiir nicht molekulare Inhomogenitát, nicht mehr für Lösungen
und Mischungen.
IX. Spannungen in Isolatoren. Elektrostriktion.
Die mechanischen Kraftwirkungen, die getrennte elektrisirte Körper auf ein-
ander ausüben, wurden Anfangs für reine Fernwirkungen gehalten, wie die Gra-
vitation. Nach FaARADAvs Anschauung, die allmáhlich immer weitere Geltung er-
langt, sind jedoch diese Kraftwirkungen durch das Zwischenmedium zwischen
den Kórpern vermittelt und es müssen in diesem Zwischenmedium Spannungen
und Drucke vorhanden sein, welche diese Kraftübertragung ermóglichen.
MaxwELL') hat diese Anschauung von FARADAY in mathematische Form ge-
bracht, in welcher er zeigte, wie gross die Drucke sind, die an jeder Stelle des
Dielektrikums herrschen.
Es seien Æ, und Z, die beiden elektrischen Systeme, deren Kraftwirkung
') BoLTZMANN, Wien Ber. 80, pag. 275. 1875.
?) MAXWELL, Treatise I, pag. 374 u. f. 1878.
3) RowrLAND und NicHoLs, Phil. Mag. II, pag. 414. 1881.
*) HERTZ, WIED. Ann. 20, pag. AUS Ime uec:
3) ARONS, WIED. Ann. 35, pag. 291. 1888.
9) MURAOKA, WIED. Ann. 40, pag. 328. 1890.
7) MAXWELL, Treatise I. Cap. V. Deutsche Ausgabe, pag. 152 ff; s. auch ADLER, Wien.
Ber. 89, (2) pag. 956. 1883. SEYDLER, Rep. d. Physik XX, pag. 338. 1884.