Tangentenbussole. 207
satz zwischen den elektromagnetischen und den elektrodynamischen Apparaten
schon aus theoretischen Gesichtspunkten kein schroffer, da doch die Wirkung
zwischen Stromkreis und Stromkreis derjenigen zwischen Stromkreis und Magnet
ganz analog ist, so wird auch der praktische Unterschied, der in der Anwendung
auf die Messung von constanten und von Wechselstrómen gipfelt, neuerdings
durch den Umstand verwischt, dass gerade einer der vorzüglichsten Apparate
für letzteren Zweck kein elektrodynamischer, sondern ein elektromagnetischer
ist, den Namen Dynamometer, den er führt, also nicht hiervon, sondern nur von
der Messung einer Energie, also des Quadrates der Stromstürke herleiten kann.
Dasjenige Element, dessen Drehung gemessen wird, ist bei den Galvanometern
meist der Magnet, aber auch der umgekehrte Fall ist realisirt worden. Auf eine
Wägung, bezw. Volumenmessung laufen endlich auch die elektrochemischen
Apparate, die sogen. Voltameter, hinaus. Auf die Methoden und Apparate,
denen andere Gedanken zu Grunde liegen, soll, wie gesagt, ihrer begrenzten
Bedeutung halber nur ganz kurz eingegangen werden (s. am Schlusse des Art.)
Es war bisher von Strommessung schlechthin die Rede. In erster und
wesentlicher Reihe handelt es sich dabei um die Messung der Intensität der
Stróme, aber es kommen auch noch andere Aufgaben in Betracht, insbesondere
die Registrirung von Strömen ihrer Richtung und Stärke nach, die Prüfung
ihrer Constanz, die Messung ihres Verbrauchs an Elektricitát in bestimmter
Zeit (Elektricitàtszáhler) die Messung der Zeitdauer kurzdauernder Stróme, so-
wie der Zeitdauer irgend welcher, auch nicht elektrischer, rascher Vorgánge
mittelst Galvanometern, Messung von Widerstinden (s. hierüber im nächsten
.Artikel), Vergleichung und Messung von elektromotorischen Kráften (s. den
vorigen Artikel) u. s. w.
Tangentenbussole.
Der Begriff der Tangentenbussole ist in der Litteratur ziemlich schwankend
und von den übrigen Galvanometern nicht streng geschieden. Bald er-
klärt man die Existenz einer einzigen Kreiswindung, bald die Berechenbarkeit
der Windungsfläche, bald die Giltigkeit des Tangentengesetzes für das Charak-
teristische, ohne dass irgend eine dieser Definitionen durchaus stichhaltig wäre.
Man kann höchstens sagen: Eine Tangentenbussole ist ein Strommesser, der aus
einem frei drehbaren Magneten und einer oder einigen ihn in weiterem Abstande
umgebenden Drahtwindungen besteht. Der Erste, der eine Tangentenbussole con-
struirte, war POUILLET.!)
Theorie. Auszugehen ist von der Wirkung eines linearen und ebenen, aber
beliebig geformten Stromes, dessen Ebene in den Meridian fällt, auf eine Magnet-
nadel, die ausserdem der Wirkung des Erdmagnetismus unterliegt. Am einfachsten
gestaltet sich diese Wirkung in einem gleichförmigen magnetischen Felde (s. w. u.),
oder wenn die Magnetnadel unendlich klein istj es kommt dann ausschliesslich
ein Kräftepaar in Betracht. Ist /7 die Horizontalcomponente des Erdmagnetis-
mus oder des magnetischen Feldes überhaupt, z die Stromstärke und c ein Factor,
so ist die ganze Kraft V 77? -- ;?;?, und ihre Richtung bildet mit dem magnet-
tischen Meridian einen Winkel e, für den Zang ¢ = ci/Z ist; man hat also für
die Stromstárke:
nu ll
ie tang o, (1)
1) PoUILLET, Compt. rend. 4, pag. 267. 1837. — PocG. Ann. 42, pag. 283.