Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
  
Die Elektricitätsleitung der Gase. 
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15) Auf den ersten Blick müssen die in No. 14 genannten Beobachtungen 
gegen die Leitungsfáhigkeit des Vacuums sprechen. Wie jedoch HrrTomr aus- 
führlich nachgewiesen hat, ist der Widerstand der Gasstrecke hauptsáchlich in 
der Umgebung der Kathode zu suchen. Es fragt sich also, ob es gelingt, elek- 
trische Entladungen in einem hohen Vacuum herbeizuführen, wenn man auf 
innere Elektroden verzichtet. 
EpLUND) benutzte ein-Rohr, das erstens die gewöhnlichen Innenelektroden 
enthielt; die Enden derselben waren um 3 » von einander entfernt. Ausserdem 
waren auf das Rohr von aussen zwei Stanniolringe aufgeschoben. Nach Belieben 
konnte man die Innen- resp. die Aussenelektroden mit den Enden der Sekundár- 
spirale eines Induktoriums verbinden. Es zeigte sich, dass bei sehr hohen Ver- 
dünnungenz war die Entladung mit den Innenelektroden versagte, dass aber durch 
Influenz die Aussenelektroden Leuchten im Rohre bedingten. EDLUND schliesst 
daraus, dass das Vacuum als Leiter zu betrachten ist 
Derselben Ansicht ist GOLDSTEIN?). Auch HırTorrF?) hat einen Versuch an- 
gegeben, der die Leitungsíáhigkeit des Vacuums beweisen soll. Eine móglichst 
weit evacuirte Róhre, welche mit Innenelektroden keine Leitung mehr zeigt, wird 
spiralig mit Draht umwickelt, der durch Kautschuk isolirt ist. Sobald man 
eine Leydener Flasche sich durch diese äussere Schliessung entladen lässt, füllt 
sich das Innere der Röhre momentan mit blauem Lichte, 
Gegen alle diese Versuche lässt sich einwenden, dass das Leuchten des 
Gases eine wirkliche Leitung des hoch verdünnten Raumes oder gar eines wirk- 
lichen Vacuums nicht beweist.f Es ist sehr wohl denkbar, dass dabei Elektricität 
überhaupt nicht von Ort zu Ort bewegt wird, sondern dass bloss in Folge von 
Influenz in den Gastheilchen lebhafte Schwingungen hervorgerufen werden, welche 
den Leuchtprocess bedingen. Es ist wenigstens FóPPL?) nicht gelungen, durch 
reine Voltainduktion das Rohr zum Leuchten zu bringen. 
WOoRTHINGTON®) und Moser?) wollen aus ihren Versuchen sogar das positive 
Resultat ziehen, dass sehr hoch evacuirte Ráume als Nichtleiter zu betrachten 
sind. WOoRTHINGTON beobachtete nüàmlich durch leere Ráume hindurch Influenz- 
wirkungen und schloss aus der fehlenden Schirmwirkung, dass das Vacuum ein 
Nichtleiter sein müsse. Derartige Versuche sind durch Moser in geschickterer 
Form wiederholt worden. Ein Vacuumrohr von 40 cz Lànge und 3 zm Durch- 
messer war mit einer etwas lángeren, 10 zs weiten Róhre, welche evacuirt 
werden konnte, umgeben. Bei normalem Druck im äusseren Rohr wurde das 
innere Rohr in der Nähe eines thätigen Induktoriums leuchtend. Wurde aussen 
evacuirt, so war bei etwa 1 mm Druck das innere Rohr dunkel, das äussere 
leuchtend. Als endlich aussen das höchst erreichbare Vacuum vorhanden war, 
war das Aussenrohr wieder dunkel, das Innenrohr leuchtend. Moser folgert 
daraus, dass bei mittleren Verdünnungen ein Gas leitet, dass dagegen ein hohes 
Vacuum ein vólliger Nichtleiter ist. 
Die Beweiskraft derartiger Versuche scheint mir zweifelhaft. 
1) EDLUND, Oefversigt af K. Wetensk. Ak. Fórh. 40, No. 2. 1883; Beibl. 8, pag. 145. 1884. 
2) GOLDSTEIN, WIED. Ann. 12, pag. 260. 1881; WIED. Ann. 24, pag 79. 1885. 
3) HITTORF, WIED. Ann. 21, pag. 138. 1884. 
^, FóPPL, WiED. Ann. 35, pag. 834. 1888. 
5) FürPL, WIED. Ann. 33. pag. 492. 1888. 
6) WORTHINGTON, Nature 27, pag. 434. 1883; Beibl. 8, pag. 50. 1884. 
7) MosER, Compt. rend. 110, pag. 397. 1890. 
 
	        
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