Entladungen in verdünnten Gasen. 341
schmolz die Spitze ab. Mit diesem Augenblick verschwand das blaue Glimmlicht
vollkommen an diesem heissesten Theile der Kathode und blieb als schwach
leuchtende Hülle nur an den entfernteren Theilen derselben.
Um noch hóhere Drucke benutzen zu kónnen, wurde ein 4 zzz dicker
Platindraht, eine Iridiumdraht und Kohlenstäbchen als Kathoden verwandt. Bei
53m Druck Stickstoff erhielt man mit Iridiumelektroden durch 600 Elemente einen
Strom von 2 Ampere in der Schliessung, das Gefälle an den Elektroden sank
auf kleine Werthe herab; das Ende der Anode wurde heisser, wie das der
Kathode (genau wie im Lichtbogen); Glimmentladung und Bogenlicht lassen
sich stetig in einander überführen.
12) In der vorigen No. sahen wir, dass bei Benutzung höherer Drucke die
Temperatur der Kathode stieg; gleichzeitig wurde das Gefälle zwischen den
Elektroden geringer, der Strom stärker. Es lag daher nahe, zu untersuchen, ob
man in verdünnten Gasen die Glimmentladung durch wenige Elemente ein-
leiten kann, wenn man auf irgend eine Weise die Kathode stark erhitzt. HITTORF
hat!) zuerst die Richtigkeit dieser Annahme bewiesen. In einem der von ihm
verwandten Apparate diente als Kathode ein Kohlenstab, der durch einen Strom
zur Weissgluth erhitzt werden konnte. Die Anode war 4 cm davon entfernt. Bei der
höchsten Verdünnung, welche man erreichen konnte (es wurde wieder neues Gas
aus der Kohle frei), waren 10 Chromsäureelemente ausreichend, um dauernd
Strom durch das Gas zu schicken.
Bei 14—16 cm Elektrodendistanz gaben 40 Elemente einen stetigen Strom,
nachdem die Entladung durch einen Funken eingeleitet war; breit geschichtetes
intensiv blaues Licht füllte das Intervall zwischen den Elektroden. Verlangt man
keine leuchtende Entladung, so genügt eine noch kleinere Zahl von Elementen.
So erhielt Hrrrorr durch ein Element bei 6 cm Elektrodenabstand und starker
Weissgluth der Kohlenkathode einen Strom, der das Galvanometer um 65 Skalen-
theile ablenkte.
Solche stetigen Strôme ohne Lichtentwickelung werden durch kleine elek-
tromotorische Kräfte auch bei grôsseren Dichten erhalten, aber der Einfluss des
Erhitzens der Kathode ist geringer; Temperatursteigerung der Anode selbst auf
Weissgluth ist völlig einflusslos. Kurz darauf ist GOLDSTEIN?) zu demselben
Resultat gekommen, angeregt durch eine Bemerkung in der Hrrronr'schen Arbeit
in Pocc. Jubelband. Als neu ist nur die Angabe zu bezeichnen, dass der
Versuch mit Platinkathode nicht stets gelingt, dass besonders nach mehrmaliger
Ausführung des Versuchs das Platin oft bis zum Schmelzen erhitzt werden kann,
ohne dass es die frühere Wirksamkeit entwickelt.
Auch WaARBURG?) hat beobachtet, dass bei fortgesetztem Glühen der Platin-
kathode die Abnahme des Kathodengefülles durch das Glühen in abnehmender
Stärke und schliesslich gar nicht mehr auftrat. Die Erscheinung tritt dagegen
wieder hervor, sobald man den durch das Glühen erweichten Draht mittelst
Drahtzuges härtet. Daraus geht hervor, dass die hohe Temperatur allein das
Phänomen nicht bestimmt, sondern dass die physikalische Natur der Kathode
in Betracht gezogen werden muss.
I’ HırTorF, WiED. Ann. 21, pag. 133. 1884.
7) GoLpsTEIN, WIED. Ann. 24, pag. 79. 1885; Sitz. Ber. Berl, Ak. 1884;.
3) WARBURG, WIED., Ann. 31, pag. 592. 1887.