Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 1. Abtheilung)

Elektrisches Leitungsvermögen erhitzter Gase und Dämpfe. 343 
fórmigen Platinblechen von 3 c» Durchmesser. Sobald mit Hilfe eines Gebläses 
die Bleche auf Rothgluth gebracht waren, wurde zuerst die Flamme, dann der 
am Elektrometer befindliche Kurzschluss entfernt. Sofort verschwand der Menis- 
kus aus dem Gesichtsfeld, ein Beweis, dass ein elektrischer Strom durch das 
Capillarelektrometer hindurchging. 
Es ist leider aus der kurzen Mittheilung in den Comptes Rendus nicht mit 
Sicherheit zu ersehen, ob BLONDLOT durch Abänderung der Versuchsanordnung sich 
überzeugt hat, dass die Elektrisirung der Platinbleche beim Contakt mit der Luft 
(s. w. u.) keinen Einfluss auf das Resultat ausgeübt hat. Das ist nicht selbstverständ- 
lich, weil es unmöglich ist, beide Bleche auf den gleichen Glühzustand zu bringen. 
Spätere genauere Versuche!) nach einer ähnlichen Versuchsanordnung wurden 
bei ziemlich constanter Temperatur ausgeführt. Es ergab sich, dass bei Roth- 
gluth bereits eine elektromotorische Kraft von 0:001 Volt einen Strom durch das 
Gas schickt. Ferner wächst die Stromstürke ceferis paribus schneller als die 
erregende elektromotorische Kraft. 
4) J. J. TuowsoN?) hat in neuester Zeit ausführliche Versuche über die 
Leitungsfáhigkeit erhitzter Gase angestellt. Die Hauptschwierigkeit, die Elek- 
troden von einander zu isoliren, wurde auf verschiedene Weise überwunden; 
da es kein Material giebt, das in hóheren Temperaturen genügend isolirt, wurden 
die Stellen, wo die Elektroden befestigt waren, vollkommen kalt erhalten. Der 
obere Theil der Elektroden war zu dem Zwecke in vertikale Glasróhren ge- 
steckt, welche lange angeschmolzene horizontale Róhren besassen. Diese letzte- 
ren erst waren in Ebonitstücken befestigt, welche so weit von der Heizstelle 
entfernt waren, dass sie kalt blieben und vóllig isolirten, auch wenn die zwischen 
den Elektroden befindliche Gasmasse stundenlang den hóchsten Temperaturen 
ausgesetzt ward. 
Gase oder Dámpfe von nicht metallischen Substanzen wurden in einem unten 
geschlossenen Platinrohr von 18 cm Länge und 2:5 cz Durchmesser erhitzt. 
Das Platinrohr wurde mit Asbest umwickelt, in ein Schutzrohr aus Eisen 
eingeschoben und in einen Muffelofen eingelegt. Metalle wurden zum Ver- 
dampfen gebracht in einem Schmelztiegel, der durch Knallgas auf Weissgluth ge- 
bracht werden konnte. Zuweilen befanden sich die Elektroden an beiden Enden 
eines beiderseits oflenen Platinrohrs, das durch den Strom einer grossen Akkumu- 
latorenbatterie weissglühend gemacht wurde. 
Die Beobachtungsmethode war genau dieselbe wie bei BECQUEREL. Eine 
grosse Batterie von DANIELL-Elementen, ein Galvanometer von 4000 Ohm Wider- 
stand, ein Commutator und die Gasstrecke waren hinter einander geschaltet. 
Resultate: Sehr gering ist das Leitungsvermôgen bei Luft und Stickstoft. 
Dagegen leiten in Dampfform relativ gut Jodwasserstoff, Jod, Brom, Kochsalz, 
Salzsäure, Salmiak, Chlorkalium. Von diesen gut leitenden Dämpfen dissociirt J 
und NH,CI, wie bekannt, in hohen Temperaturen. THOMSON weist nach, dass 
auch JH, JK, HCI, NaCl bei Weissgluth sich zersetzen. 
Aber nicht jedes Gas, das dissociirt, ist ein guter Leiter; (Ammoniak und 
Wasserdampf leiten schlecht). 
Von den Metalldámpfen leiten nicht oder schlechter als Luft die Dämpfe 
von Hg, Sn,;Tl. Am besten leiten die Dämpte von Kalium und Natrium; weniger 
gut, aber doch viel besser als Luft die Dämpfe von Cd, Bi, Pb, AI, Mg, Zn, Ag. 
!) BLONDLOT, Compt. rend. 104, pag. 283. 1887. 
1) J. J. THomson, Phil, Mag. (5) 20, pag. 358, 441. 18090. 
  
  
  
 
	        
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