Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
352 Die Elektricitätsleitung der Gase. 
angehörigen Linien zu beobachten. Die Funkenentladung ist um so energischer, 
die mitgerissenen Theilchen der Elektroden leuchten um so heller, je grösser 
die verfügbare Elektricitätsmenge ist. Um sehr intensive Funken zu erhalten 
thut man deshalb gut, eine Leydener Batterie parallel zur Funkenstrecke zu 
schalten, (Anwendung bei den Ladeflaschen einer Influenzmaschine) Platten und 
Kugelelektroden eignen sich für Funkenentladungen am besten; doch erhält man 
auch zwischen einer Kugel und einer Spitze Funken, wenn bei jeder Entladung 
eine erhebliche Elektricitätsmenge zur Verfügung steht, also unter Benutzung 
von Leydener Flaschen. Neben dem Funken können auch gleichzeitig oder 
kurz darauf die gewöhnlichen Formen der Gasentladung auftreten. Grosse 
Funken sind in eigenthümlicher Weise verzweigt. 
2) Begriff der Schlagweite. Funkenmikrometer. 
Unter Schlagweite versteht man den Abstand gegebener Elektroden, bei 
welchem der Funken einer Batterie von bestimmter Oberfläche und bestimmter 
Ladung eben übergeht. Die Bestimmung der Schlagweite geschieht mit Hilfe 
des Funkenmikrometers. Die RrEss'sche!) Form desselben besitzt einen Messing- 
fuss: mit mikrometrisch verschiebbarem Schlitten. Auf Fuss und Schlitten stehen 
je ein vertikaler, sorgfältig lackirter Glasstab mit den Fassungen für die Elektroden. 
Als solche können nach Wahl, Kugeln, Platten, Spitzen dienen; saubere Politur 
und Staubfreiheit ist nothwendig. 
3) Beziehung zwischen Schlagweite und Entladungspotential. 
Wir wollen als Entladungspotential die Potentialdifferenz zwischen den 
Elektroden bezeichnen, welche bei bestimmtem Elektrodenabstand zur Funken- 
bildung nöthig ist. Entladungspotential und Funkenlänge stehen in gegenseitiger 
Abhängigkeit. Dieselbe wurde zuerst untersucht durch Smita und FERGUSSON auf 
Veranlassung von W. THOMSON 7. Zwischen den Platten eines Luftcondensators, 
von denen die eine ganz schwach convex war, gingen die Funken über; die 
Potentialdifferenz der Platten wurde mit einem THomson'schen Elektrometer be- 
stimmt. 
Resultat: Die Potantialdifferenz wächst langsamer als die Funkenlänge. 
Genauere Versuche hat BAILLE3) ausgeführt mit einem absoluten Elektro- 
meter. Geht die Entladung zwischen Kugeln von 1 »;: Durchmesser vor sich, 
von denen die eine an Erde liegt, so ist bei gleicher Funkenstrecke das Ent- 
ladungspotential das gleiche, mag die isolirte Kugel positiv oder negativ sein; es 
wächst gleichmässig mit wachsender Schlagweite, so lange keine Büschel-Ent- 
ladungen neben den Funkenentladungen hergehen. Folgen die Funken rasch 
auf einander, so erhält man zu kleine Werthe des Entladungspotentials. BAILLE 
lässt deshalb die Influenzmaschine Condensatoren von grosser Capacität laden 
und schaltet die Funkenstrecke dazu parallel, so dass die Potentialdifferenz //an 
den Kugeln langsam steigt. Bei Verwendung einer schwach gekrümmten und 
einer ebenen Platte als Elektroden fand BAILLE zwischen // und der Funken- 
linge 0 die Relation /? — a8 4- 26? als den Beobachtungen conform. 
4) Funkenentladung bei hóherem Druck. 
Worr4) hat disruptive Entladungen in Gasen von höherem Druck untersucht. 
Als Elektroden dienten Kugeln von 5: Radius; von Gasen wurden benutzt 
  
7) RrEss, Reibungselektr. 1, pag. 325. 
?) W. THOMSON, Phil. Mag. (4) 20, pag. 316. 1860. 
3) BAILLE, Ann. de chim, et de phys. (5) 25, pag. 486. 1882. 
^) WoLr, WiED. Ann. 37, pag. 306. 1889. 
Skt
	        
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