Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
446 Elektrolyse. 
Kathode haften bleibt, sondern frei in die Luft geht. Nach der FARADAY’schen 
Anschauung bietet das keine Schwierigkeiten, da eben die Elektroden keine 
Kráfte ausüben. 
Eine direkte Bestütigung dieser Anschauung von der Bewegung der beiden 
Ionen in dem Elektrolyten nach entgegengesetzten Richtungen wurde durch die 
Untersuchungen von Davv geliefert, der diese Wanderung der Ionen, resp. 
Ueberführung, wie er sie nannte, direkt in eklatanten Fállen beobachtete). 
Wenn man Chlorblei schmilzt und durch Platinelektroden einen Strom hindurch- 
sendet, so scheidet sich an der Kathode Blei, an der Anode Chlor ab. Dieses 
letztere bildet mit der Elektrode zum Theil Platinchlorid in der Nähe der Anode. 
Durch den Strom wird aber auch das Platinchlorid zersetzt, und es erscheint 
nach einiger Zeit Platin an der Kathode, obwohl das Platinchlorid in der Nähe 
der Anode gebildet war. Es muss also das Platin durch die ganze Flüssigkeit, 
das Chlorblei, hindurchgewandert sein bis zur Anode. Dies erklärt sich nach der 
FARADAY’schen Theorie direkt so, dass eben diese Wanderung so vor sich geht, 
dass das Platin auf diesem Wege sich mit den Chloratomen successive verbindet 
und wieder trennt, bis es an die Kathode gelegt ist. FARADAY spricht die Haupt- 
punkte seiner Theorie in folgenden Sätzen aus”). 
1) Ein einzelnes, d. h. mit einem andern nicht verbundenes Ion verhält sich 
vollkommen indifferent gegen den elektrischen Strom und hat keine Tendenz, zu 
der einen oder andern Elektrode zu gehen. 
2) Wenn ein Ion mit einem andern verbunden ist, so wird das eine zur 
Anode, das andere zur Kathode gehen. 
3) Wenn ein Ion zu einer der Elektroden geht, so muss gleichzeitig ein 
anderes Ion zur andern Elektrode gehen, wenn es auch wegen der sekundären 
Processe dort vielleicht nicht zum Vorschein kommt. 
4) Ein direkt durch den Strom zersetzbarer Körper muss aus zwei Ionen 
bestehen und muss sie auch abgeben. 
5) Aus denselben beiden Ionen kann nur ein Elektrolyt zusammengesetzt 
sein. 
6) Ein für sich nicht zersetzbarer Körper kann durch den Strom primär 
nicht zersetzt werden, sondern nur durch sekundäre Action. Dieser Satz ist 
z. B. auf das Wasser anzuwenden, obwohl FARADAY dieses gerade davon ausnahm. 
7) Die Natur der Elektroden hat keinen Einfluss auf die chemische Zer- 
setzung, wohl aber, in Folge der sekundären Actionen, oft auf den Zustand, in 
welchem die Ionen schliesslich erscheinen. 
8) Eine Substanz, welche als Elektrode angewendet, sich mit einem Ion ver- 
bindet, thut dies in Mengenverhältnissen, welche sich durch ihre Aequivalent- 
zahlen bestimmen. Dasselbe gilt auch für sekundäre Wirkungen mit der unzer- 
setzten Flüssigkeit, obwohl FARADAY dies noch nicht als festgestellt betrachtet. 
)) Zusammengesetzte Ionen bestehen nicht nothwendig aus elektrochemischen 
Aequivalenten einfacher Ionen. Sie sind also nicht selbst Elektrolyte, z. B. SO,, 
PO, u. s. w. 
10) Elektrochemische Aequivalente sind constante Gróssen, d. h. dieselbe 
Zahl, welche das. Aequivalent einer Substanz A4 darstellt, wenn sie sich von einer 
Substanz 2 trennt, stellt 4 auch dar, wenn es sich von einer Substanz C trennt. 
Dieser Satz ist nicht ohne Ausnahmen, insofern die Werthigkeit einer und 
1) Davy, Phil. Trans. 1807, pag. I. 
?) FARADAY, Exp. Res. No. 826 ff.
	        
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