Dielektricititsconstanten fester Körper. 73
Die Capacitätsmethoden unterscheiden sich nur durch die Art der Messung
der Capacität und durch die Einrichtung der Condensatoren. Bei den ersten
Messungen dieser Art berührten noch die Dielektrika die Belegungen. Des-
wegen sind diese Messungen nicht einwandsfrei. Sie wurden angestellt ausser
von FARADAY noch von BELLI!), Hannis?) (Elektrometer), MATTEUCI?) (Anziehungs-
methode), W. SIEMENs*) (Wippe mit Galvanometer). SIEMENS erhielt für Gase
kein von Luft verschiedenes Resultat, für Stearin erhielt er 0:78, für Schwefel 2-9.
Neuere Versuche, bei denen die festen Dielektrika die Platten nicht be-
rührten, wurden hauptsächlich wegen des Interesses angestellt, ob die oben
pag. 7o angeführte MAxwELL’sche Beziehung sich bestätigt. Es sollen bei den
einzelnen Beobachtern nur kurz die Methoden charakterisirt werden.
RossETTI?) bestimmte die Capacität von Condensatoren aus der Zahl der Ent-
ladungen zwischen den zwei Kugeln einer Influenzmaschine, die mit den Platten
des Condensators verbunden waren. Er erhielt so für
Glas Wallrath Ebonit Schwefel
2:45 2:18 2:08 1:81.
Die Zahlen sind aber recht ungenau.
BOLTZMANN®) arbeitete die Capacitätsmethode praktisch und theoretisch
sorgfältig aus, indem er alle Fehlerquellen berücksichtigte. Er arbeitete mit dem
Quadrantelektrometer und fand für
Hartgummi Paraffn Schwefel Colophonium
39:15 2:32 9:84 2:51.
BOLTZMANN?) bestimmte die Dielektricitátsconstanten fester Kórper auch
durch Messung der anziehenden Kráfte. Eine feste Standkugel wurde elektrisirt
und influenzirte eine nahe vor ihr aufgehüngte bewegliche Kugel eines Dielektri-
kums und zog sie dadurch an. Die Drehung dieser Kugel wurde gemessen, dann
auch die einer gleich grossen Stanniolkugel unter gleichen Verhiáltnissen. Es er-
gab sich daraus die Dielektricitátsconstante. Sind nümlich 4 und 4, die unter
gleichen Umstánden beobachteten Drehungen der dielektrischen und der metal-
lischen Kugel, so ist A D1
4 TDP=3
Es erwies sich dabei nothwendig, die Standkugel nicht dauernd zu laden,
da die Influenz auf die dielektrischen Kugeln mit der Zeit grósser wird. Viel-
mehr durften die Ladungen nur etwa bis 4, Sekunden lang dauern. Auf diese
Weise erhielt BOLTZMANN für
Schwefel Hartgummi Paraffin Colophonium
3:90 3:48 2:32 2:48.
Aehnliche Versuche machten RowicH und Nowak?) mit anderen Substanzen
und erhielten für
Glas Flussspath Quarz Kalkspath-L Axe Kalkspath || Axe Selen Schwefel mit Graphit
75 61 46 7 75 10-2 4:0.
Diese Zahlen sind meist wegen zu grosser Ladungsdauer zu gross.
1) BELLI, Corso element de fisica 3, pag. 239. 1858.
2) HARRIS, Phil. Trans. 132, pag. 165. 1842.
*) MaTTEUCI, Compt. rend. 48, pag. 780. 1859; Ann. chim. phys. (3) 27, pag. 133. 1849.
4) SIEMENS, PoGG. Ann. 102, pag. 91. 1857.
$) RossETTI, N. Cimento (2) 10, pag. 171. 1873.
6) BoLTZMANN, Wien. Ber. (2) 66, pag. 1. 1872; 67, pag. 17. 1873.
7) BOLTZMANN, Wien. Ber. (2) 67, pag. 17. 1873; 68, pag. 81. 1873; 70, pag. 307. 1874.
PocG. Ann. 151, pag. 482. 1874.
8) ROMICH und Nowak, Wien. Ber. (2) 70, pag. 380. 1874.