Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

AVR 
  
  
Hysteresis. 175 
O À ab, so behält man zwei Curvenzweige, einen ansteigenden und einen abstei- 
genden übrig, die sich im Wesentlichen nur dadurch unterscheiden, dass sie um ein 
gewisses Abscissenstiick 2 # gegen einander verschoben sind, oder, wie man auch 
sagen kann, dadurch, dass sie, gegen eine ähnliche, durch O gehende Curve nach 
entgegengesetzten Seiten um gleiche Abscissenstiicke OZ resp. OD verschoben 
sind. Derselbe Magnetismus ist also scheinbar bei dem einen Zweige die Folge 
einer zu kleinen, bei dem andern die einer zu grossen Kraft, und das ist ver- 
ständlich, weil die Abscisse X nur die augenblicklich wirkende, nicht aber die 
nachwirkende Kraft berücksichtigt; bei Berücksichtigung derselben würde man 
eben statt beider Curven eine einzige, nämlich die vorhin gedachte, ihnen ähn- 
liche durch O gehende erhalten. Umgekehrt könnte man aus der Curve rück- 
wärts berechnen, mit welchem Betrage die nachwirkenden Kräfte sich zu der 
wirkenden addiren. 
Je gróssere specifische Remanenz, also je grossere Coercitivkraft (pag. 51) das 
Material des Körpers hat, desto höher resp. tiefer liegen die Punkte 7 und Z, desto 
weiter auseinander also auch die Punkte D und 7; die Strecken OD und OF 
liefern geradezu ein Maass für die Fähigkeit des Stoffes, Magnetismus zu be- 
wahren, man bezeichnet sie daher nach Hopkinson als Coercitivkraft, die 
man auf diese Weise zahlenmissig angeben kann. 
Die Coercitivkraft und der in einem besonderen Falle auftretende remanente 
Magnetismus sind, was nochmals ausdrücklich zu betonen ist, zwei ganz ver- 
schiedene Dinge und in Folge der Mitwirkung eines dritten Momentes, der ent- 
magnetisirenden Kraft, weit entfernt, im eindeutigen Verhältnisse von Ursache und 
Wirkung zu stehen; jene ist für ein Material charakteristisch, dieser aber auch 
von der Korpergestalt abhängig; jene ist eine negative Abscisse, dieser eine 
positive Ordinate. Denkt man sich z. B. in Fig. 166 zu den aufsteigenden 
Curven auch die absteigenden hinzu so würden diese die positive Ordinatenaxe 
in verschiedenen Punkten schneiden, entsprechend den verschiedenen Längen 
der Drähte; sie würden aber, noch weiter verlängert, die negative Abscissenaxe 
sämmtlich in demselben Punkte treffen, denn alle Drähte bestehen aus derselben 
Eisensorte. Allgemeiner ausgedrückt: Cezeris paribus tritt in einem Material von 
grosser Coercitirkraft viel, in solchem von kleiner wenig remanenter Magnetismus 
auf, man kann aber auch stark coerciblem Material eine Form geben, in welcher 
der remanente Magnetismus gering ausfällt (das Umgekehrte kommt nicht vor). 
Kreisprocess; Arbeit beim Magnetisiren. Sieht man von dem ersten 
Curvenzweige 04 ab, so stellen die beiden übrigen Zweige einen sogen. Kreis- 
process dar, den man beliebig oft wiederholen kann, und bei dem man jedes 
Mal eine gewisse Menge von Magnetisirungsarbeit aufwenden muss. Es ist nun 
zuerst von WARBURG!) auf Grund der Einführung einfacher Polpaare und später 
durch allgemeinere Betrachtungen von EwınG ?), Hopkınson®) u. A. gezeigt worden, 
dass die von den beiden Curven eingeschlossene Fläche ein Maass jenes Arbeits- 
aufwandes für die Volumeneinheit darstellt; da der magnetische Zustand am 
Ende des Kreisprocesses derselbe ist wie am Anfang, so handelt es sich im 
Sinne magnetischer Verwerthung um eine Arbeits- oder Energie-Vergeudung, die 
sich durch die Erwärmung des Eisenkörpers bemerklich macht und die man 
1) WARBURG, WIED. Ann. 13, pag. 141. 1881. — Vergl. auch WARBURG u. HÖNIG, WIED. 
Ann. 20, pag. 814. 1883. 
?) Ewing, Proc. R. Soc. 1882, pag. 39; Trans. R. Soc. 1885, pag. 549. 
3) HoPKINSON, Trans. R. Soc. 1885, pag. 446. 
  
        
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
  
  
  
  
  
   
    
     
     
  
   
   
   
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
   
  
  
	        
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