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Magnetisches Feld; magnetische Kraftlinien. 21
nur in den áussersten Regionen berührt. Man versteht aber unter magnetischem
Feld nicht schlechthin den angegebenen Raum, sondern diesen Raum in seiner
magnetischen Beschaffenheit, d. h. behaftet mit der in jedem seiner Punkte statt-
findenden magnetischen Kraft, die man sich gewissermaassen, ohne damit con-
crete Vorstellungen zu verbinden, als ein das ganze Feld erfüllendes Agens denkt.
Um das von dem bestimmten magnetischen Kórper oder abstrahirten Gebilde
erzeugte Feld möglichst ungetrübt zu erhalten, muss man jenen Kórper sehr
kräftig wählen, anderenfalls wirkt der Erdmagnetismus mit ein, der doch sein
eigenes magnetisches Feld besitzt, und man erhält dann ein combinirtes Feld
dieser Wirkungen.
Magnetische Kraftlinien. In jedem Punkte des magnetischen Feldes
herrscht eine bestimmte Kraft, ob sie nun von einem einzigen wirkenden Körper
herrührt oder die Resultirende aus mehreren solchen Kräften sein mag. Diese
Kraft heisst, wenn in dem betreffenden Punkte ein einfacher Pol von der Stärke
1 gedacht wird, die Kraft des Feldes; sie hat eine bestimmte Grósse und eine
bestimmte Richtung, und es handelt sich darum, sie zu ermitteln, entweder durch
Rechnung oder durch Beobachtung. Durch Rechnung lassen sich diese beiden
Charakteristiken nach den obigen Formeln leicht finden. Von der experimen-
tellen Bestimmung der Grösse wird später die Rede sein, die Richtung ist sehr
einfach zu finden. Man braucht nur eine kleine Magnetnadel in einem Punkte
des Feldes aufzustellen und ihre Richtung zu fixiren: Dies ist die Richtung der
Kraft in diesem Punkte. Die Nadel muss im Allgemeinen frei um ihren Mittel-
punkt drehbar sein, um die Richtung im Raume anzuzeigen, eventuell nimmt
man nach einander eine horizontal und eine vertikal drehbare Nadel und bildet
dann aus ihren Richtungen die Resultante. Bringt man jetzt den Mittelpunkt der
Nadel in den Punkt, in welchem noch eben ihr Nordpol sich befand, so nimmt
sie wiederum eine bestimmte Richtung an, und wenn man so fortfáhrt, erhált
man eine stetige Linie, die magnetische Kraftülinie. Solcher Linien giebt es
natürlich unendlich viele in dem magnetischen Felde, von den Punkten, wo Pole
liegen, gehen sie sámmtlich aus, resp. laufen nach ihnen hin zusammen. In weit
einfacherer Weise erhält man ein Bild des magnetischen Feldes oder vielmehr
ein Bild eines ebenen, horizontalen Schnittes desselben, wenn man eine Platte
im Felde aufstellt, mit Eisenfeilicht bestreut und in geeigneter Weise erschüttert;
das Feilicht ordnet sich dann (s. w. u.) in den Kraftlinien an. Weniger exakt
ist diese Methode, einmal wegen der Trägheit der Eisentheilchen, die sich über-
dies in ihren Bewegungen und Lagerungen gegenseitig mehr oder weniger stören,
wenn die Menge und die Feinheit des Feilichts nicht gerade sehr gut getroffen
sind; und dann, weil die verschiedenen Spähne sich, wie sich später ergeben
wird, auch magnetisch beeiflussen und sich in Folge dessen nicht genau zu den-
jenigen Kraftlinien anordnen, welche dem das magnetische Feld erzeugenden
Körper allein zukommen würden. Endlich ist drittens zu beachten, dass die
Platte, auf der das Feilicht sich anordnet, eine horizontale Ebene darstellt, die
Kraftlinien aber im Allgemeinen gar nicht, und zwar auch nicht theilweise, in
einer solchen verlaufen (wie sich auch daran zeigt, dass die Spáhne grósstentheiis
mehr oder weniger »zu Berge stehen«), so dass man auf diese Weise im Allge-
meinen nur scheinbare Kraftlinien erhält. In allen Fällen, wo die Kraftlinien
überhaupt ebene Curven sind, kann man jedoch begreiflicherweise durch
geeignete Wahl der Ebene die wirklichen Kraftlinien erhalten. Statt auf
einer festen Platte kann man das Eisenpulver mit erheblichem Vortheil für die
Reinheit und Feinheit der Curven auch auf einer Wasseroberfläche ausbreiten,