KERR’sches Phänomen; senkrechte Incidenz. 291
Senkrechte Incidenz. Relativ am einfachsten verhält sich das Licht bei
senkrechter Incidenz, weil die Richtung der Schwingungsebene hier natürlich
keine Rolle spielt; hier wird einfach die Polarisationsebene des geradlinig pola-
risirten Lichtes gedreht, und zwar der Richtung des magnetisirenden Stromes
entgegengesetzt, sodass man sie im Sinne der früheren Ausdrucksweise als nega-
tive Drehung zu bezeichnen hat; nur beim Magnetit ist sie positiv. Betrachten
wir zunächst die polare Reflexion. Bei den ersten KuwDpT'schen Versuchen be-
wegt sich die Drehung für Eisen zwischen 45 und 66', bei Kobalt zwischen 50
und 67', bei Nickel zwischen 20 und 23', bei der zweiten Reihe von Versuchen
wurde die Feldstàrke gemessen und für Eisen folgende Zahlenreibe gefunden:
R | 4990 | 10800 | 16600 19800 | 30300
—0:66° | —0:67°
s
o ]-—oem d cow] ee |
Diese Zahlen sind durch die unterste Curve der Fig. 185 veranschaulicht;
wáhrend also die Durchgangscurve nach oben geht, geht die Reflexionscurve nach
unten; der Verlauf ist aber im Uebrigen ganz analog, und man kann daher auch
hier vermuthen, dass die Drehung nicht der Feldstárke, sondern der Intensitát
der Magnetisirung proportional sei, eine Vermuthung, die bald darauf von
pu Bois experimentell bestätigt wurde; auch hier erwies sich Nickel am
schwáchsten wirksam. Wenn die spiegelnde Flàüche nicht polar liegt, also ihre
Normale mit der Richtung der Magnetisirung einen Winkel « einschliesst, so ist
die Drehung kleiner, und zwar gilt nach pu Bois auch hier das einfache
Cosinusgesetz; bei der Reflexion an einer áquatorialen Fláche wird also die
Drehung Null Nach alledem hat man die Drehung proportional zu setzen mit
der Intensitát der normalen Magnetisirungscomponente, in Formel
Q A,
Für die Constante A, welche der KunpT’schen Constante 4 (pag. 284) ganz
analog ist, hat pu Bois den Namen KERR’sche Constante vorgeschiagen; man
kann sie entweder in Winkelmaass oder in Bogenmaass ausdriicken.
Ferner hängt die Drehung von der Wellenlänge des Lichtes ab und zwar
nach pu Bors in folgender Weise: bei Eisen ist die Dispersion durchweg anomal,
d. h. die Drehung nimmt von roth bis zu violett stándig ab; bei Kobalt tritt
ein Minimum in grün, bei Nickel ein solches in gelb, endlich bei Masnetit ein
Maximum in gelb auf.
In der folgenden Tabelle sind für die vier ferromagnetischen Substanzen
und für die wichtigsten Wellenlängen À die Werthe der KErr’schen Constanten
nach pu Bois zusammengestellt und zwar in Minuten.
Farbe | Linie | 108. A | Kobalt | Nickel Eisen | Magnetit
Roh .. . .| Zu |. 6T] |.—00908 | —O0/18 |:—00194 | + 00090
Roth = 62 — 0:0198 — 0:0160 — 0:0138 | + 0-0120
Gelb D 58-9 — 00193 — 00154 — 0-0130 + 0-0133
Grün 6 51:7 — 0:0179 — 0:0159 — 00111 + 0:0072
Blau F 48:6 — 0:0181 — 0:0163 — 0:0100 -- 0:0026
Violett G 431 | —00182 — 0-0175 -— 0-0089 —
Ed | |
Die Frage, ob bei senkrechter Reflexion ausser der Drehung der Schwingungs-
richtung resp. der grossen Ellipsenaxe auch eine Veränderung des Axenverhält-
nisses eintrete, ist allgemein wohl noch nicht entschieden; für geradlinig polari-
sirtes Licht steht aber fest, dass die etwa entstehende Ellipse eine jedenfalls
ausserordentlich gestreckte Gestalt besitzt. Nur muss man hier sehr darauf achten,