Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

  
306 Elektromagnetismus. 
sieht dann, dass auch hier die scheinbare Grösse auftritt. Auch hier erhält man 
also die einfachste Ausdrucksweise der elektromagnetischen Wirkung durch Ein- 
führung der scheinbaren Grösse, indem man sagt: Das Potential einer Spule ist 
proportional der Differenz der scheinbaren Grósse der vordersten und der 
hintersten Kreisfláche, vom Pole aus gesehen. Ist die Spule im Vergleich zum 
Abstande des Poles von der Vorderfláche sehr lang, so kann man das zweite 
Glied in dem Ausdrucke für X einfach gleich 1 setzen, das Potential wird dann 
geradezu proportional der scheinbaren Grosse der Vorderfliche. Liegt analog 
für eine beliebige. Rolle der Pol in der vorderen Fläche, so wird in dem dritten 
Ausdrucke für X das erste Glied cos e, — 0, also in dem besonderen Falle einer 
sehr langen Rolle X = — wcimn//; liegt der Pol im Innern der Spule, so 
kann man sich diese aus zwei Spulen zu seinen beiden Seiten, für deren jede 
der Pol in der vorderen Fläche liegt, zusammengesetzt denken, und findet dann 
statt der Differenz in obiger Klammer die entsprechende Summe; diese Summe 
wird schliesslich am grössten, wenn der Pol im Mittelpunkte der Spule liegt; 
führt man für diesen Fall die Diagonale 24 der Spule in die zweite Formel für 
X ein, so erhält man einfach 
9xcimmn 
  
X = 
Man kann nun endlich noch die beiden Fälle der ebenen Spirale und der 
cylindrischen Spule combiniren und erhält dann den Fall einer Spule von 
mehreren Lagen und, in jeder Lage, mehreren Windungen; die Wirkung einer 
solchen Spule hängt von ihrer Länge, ihrem äusseren und inneren Radius und 
der Gesammtzahl der Windungen ab. Eine Berechnung des Potentials für diesen 
Fall findet man u. A. bei MaxwzrrL, für beliebige (nicht axiale) Lage des Poles 
bei STUART; einige Formeln, die sich auf ihn beziehen, in Bd. III, 1, pag. 234 
dieses Handbuches. Hierbei ist angenommen, dass die innere und die dussere Be- 
grenzung der Spule eine Cylinderfliche sei, und diese Form geniigt auch, um, wenn 
die Rolle nur genügend lang ist, in ihrem mittleren Theile ein gleichförmiges Feld 
zu erzeugen. Ist z. B. die Spule 40mal so lang wie dick, so ist nach einer von 
W. WEBER!) durchgeführten Rechnung die Kraft auf mehr als 4% ihrer Länge bis 
auf 19, und auf $ ihrer Láànge sogar bis auf 1 Promille constant. Will man 
diesen Zweck erreichen, ohne die Rolle so lang nehmen zu müssen, so muss 
man sie nicht auf einen Cylinder, sondern auf eine Kugel oder ein Ellipsoid 
wickeln, und zwar so, dass auf die Längeneinheit der Axe überall die gleiche 
Zahl von Windungen entfállt. Der hierauf basirte, zu absoluten Messungen sehr 
geeignete Tangentenmultiplikator von RiECKE ist in Bd. III zr, pag. 214 besprochen 
worden. Eine andere Aufgabe ist die, diejenige Form der Spule zu ermitteln, 
fiir welche die Wirkung unter gewissen gegebenen Bedingungen am günstigsten 
ausfállt; hieriiber vergleiche man das Bd. IIT 1, pag. 235 Angedeutete und die 
dazu gehorige Fig. 56. 
Aequivalenz von Strömen und Magneten, 
Die Wahrnehmung, dass für das Potential von Strömen auf Magnetpole die 
scheinbare Grösse gewisser Flächen maassgebend ist, führt zu einer überaus 
interessanten und wichtigen Folgerung. Ganz dieselbe Grösse tritt nämlich bei 
der Wirkung magnetischer Gebilde auf Pole auf, insbesondere bei der Wirkung 
einer magnetischen Schale (pag. 40) nach dem Satze von Gauss. Man kann 
!) W. WEzsnrm, Elektrodyn. Maassbest. 3, pag. 546. 1852. 
  
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