Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
Elektromagnetismus. 
mit einzelnen Theilen fest, mit anderen beweglich und zugleich deformirbar ist, 
so wird es nach dem obigen auch wirklich deformirt werden. Es kann diese 
Deformation z. B. in einer spiraligen Torsion bestehen (dünner Magnetdraht), 
oder in einer Durchbiegung (draht- oder plattenformiger Stromleiter) Letztere 
Erscheinung ist u. A. von CUMMING!), LE Roux?) GOoRE?), besonders aber von 
RiECKE4) experimentell verfolgt worden, und zwar an Goldblättchen, Platindrähten 
u. s. w. Die entstehenden Curven kann man »elektromagnetische Kettenlinien« 
nennen. RiEckE hat auch die Theorie gegeben, die dann von LAMPRECHTS) 
verallgemeinert worden ist. Hier sei aus dieser Theorie nur angeführt, dass im 
homogenen Felde eine Kreislinie entsteht, im nichthomogenen dagegen die 
Krümmung der elastischen Curve desto grösser ist, je stärker das Feld daselbst 
ist. (Vergl. auch den Schluss des Artikels). 
Hierher gehört auch die Einwirkung von Magneten auf flüssige, stromdurch- 
flossene Leiter, z. B. auf Flüssigkeitsstrahlen. Ein Quecksilberstrahl wird, so- 
lange er zusammenháüngend ist, nach S. P. THOMPSONS) u. A. zwischen den 
Schenkeln eines Hufeisenmagneten abgelenkt und deformirt. (Ueber die Rotation 
von Flüssigkeiten vergl. weiter unten). 
Elektromagnetische Rotations- und Schwingungsapparate. 
Der Umstand, dass die elektromagnetische Wirkung von seitlichem, drehendem 
Charakter ist, lässt die Möglichkeit erkennen, durch Aufwand elektrischer und 
magnetischer Energie rotirende Bewegungen zu erzeugen; in der That haben 
die elektromagnetischen Rotationsapparate schon seit langer Zeit in der Physik 
und seit einiger Zeit ganz besonders in der Elektrotechnik das Interesse auf 
sich gelenkt; man kann dabei, wie man es früher meist gethan hat, zwischen 
elektromagnetischen Apparaten, bei denen feste Stromleiter Magnete in Rotation 
versetzen, und magnetelektrischen Apparaten, bei denen feste Magnete Strom- 
leiter in Rotation setzen, unterscheiden, ohne dass hierbei jedoch ein wesent- 
licher Punkt der Unterscheidung getroffen würde. 
Am einfachsten würde man einen Rotationsapparat mit Hilfe eines festen 
Stromes und eines freien Magnetpols erhalten; nach der AwPEREschen Regel 
würde dieser, je nachdem er ein Nordpol oder ein Südpol ist, den Strom links 
herum oder rechts herum umkreisen. Eben weil diese beiden Tendenzen 
entgegengesetzt sind, kommt eine wirkliche Magnetnadel in Querstellung zur 
Ruhe, in einer Stellung, in welcher der eine Pol so weit wie möglich nach links, 
der andere so weit wie möglich nach rechts abgelenkt ist. Es ist auch schon 
a priori einleuchtend, dass ein Magnet nicht fortwährend um einen Strom 
rotiren kann, da, wenn beide wieder die ursprüngliche Lage zu einander ein- 
genommen haben, die Arbeit Null ist. Dieser Fall ist jedoch insofern ein 
extremer, als dabei angenommen ist, dass der Magnet als solcher durchaus starr 
ist, sich also nur als Ganzes bewegen kann. Ist dies nicht der Fall, ist der 
Magnet im Gegentheil ideal biegsam, so wird die Erscheinung sich ganz anders 
gestalten: Der Nordpol des ursprünglich dem Stromleiter parallel gedachten 
Magneten wird links herum, der Südpol rechts herum den Stromleiter um- 
!) CUMMING, Phil. Mag. 8. 1824. 
2) LE Roux, Ann. Chim. Phys. (3) 61, pag. 409. 1860. 
3) GORE, Phil. Mag. (4) 48, pag. 39. 1874. 
4) RIECKE, WIED. Ann. 23, pag. 252. 1884. 
5) LAMPRECHT, WIED. Ann. 25, pag. 71. 1885. 
6) S. P. THomrson, Phil. Mag. (5) 8, pag. 505. 1879. 
    
  
  
  
  
  
  
   
   
   
  
  
   
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
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