Constitution der Magnete. 29
Ausgabe, Bd. 3, Tafel 4) in Reproduction beigegeben; weitere Fille sind von
spiteren Physikern dargestellt worden. Den Fall eines einzigen Poles kann man
realisiren, indem man einen langen, geraden Magnetstab vertikal aufstellt und auf
seinen oberen Pol die Darstellungsebene legt; die Anordnung der Spáhne erfolgt
strahlenfórmig nach allen Seiten. Zwei gleiche Pole erhält man am besten, in-
dem man zwei lange Stübe horizontal in eine und dieselbe Linie (mit einem
gewissen Zwischenraum zwischen ihren zugewandten Enden) legt, sodass die
gleichen Enden einander zugekehrt sind, und dann die Platte darüber legt, doch
so, dass sie noch ein ganzes Stück über die beiden einander zugekehrten Pole
hinausreicht; oder auch, indem man zwei Magnetstübe vertikal und parallel mit
einander, die gleichen Pole nach oben gekehrt, aufstellt und mit der Platte be-
deckt. An den abgewandten, áusseren Seiten bilden die Spühne auch hier etwa
gerade Strahlen, an den inneren Seiten dagegen erfahren diese Krümmungen, sodass
sich in der Mitte der Figur stehende concavseitige Vierecke entwickeln. Kehrt
man die entgegengesetzten Pole einander zu, oder stellt man einen Hufeisen-
Magneten vertikal mit den Polen nach oben auf, so hat man zwei entgegen-
gesetzte Pole, und zwar im letzteren Falle aus weiter unten näher zu besprechen-
den Gründen zwei gleich starke. Die Spähne bilden hier ein System von die
beiden Pole verbindenden Curven. Alle diese Fälle entsprechen ziemlich genau
den theoretischen Entwickelungen von oben. Legt man dagegen einen Magnet-
stab horizontal hin und darüber die Entwickelungsplatte, so erhält man eine
von der vorigen nicht unwesentlich abweichende Zeichnung, ein Beweis, dass
ein Magnetstab nicht einfach identisch ist mit einem Polpaare. Insbesondere
sind die Theilchen nahe der Verbindungsli^ie der beiden Pole nicht, wie bei
dem Polpaare, horizontal, also dem Magneten parallel, sondern fast senkrecht
gegen ihn gerichtet. — Von noch anderen Fällen magnetischer Felder wird bei
spüteren Gelegenheiten die Rede sein!)
Constitution der Magnete.
Molekulare Natur des Magnetismus. Aus verschiedenen bereits er-
wähnten 'Thatsachen, insbesondere aus der Anlagerung des Eisenfeilichts an
einen eingetauchten und herausgezogenen Magnetstab, sowie aus der Gestalt der
Kraftlinien, wie sie sich auf der Glasplatte über dem Magnetstabe bilden, geht
hervor, dass ein Magnet von einem Polpaar denn doch wesentlich verschieden
ist. Und zwar ergiebt der Umstand, dass die meisten Spáhne nach den Enden
hin, andere nach anderen Stellen des Stabes hin, am wenigsten oder gar keine
nach seiner Mitte hin tendiren, als náchstliegende Anschauung die, dass ein
Magnetstab aus zwei Hälften besteht, deren eine aus lauter Nordpolen, deren
andere aus lauter Südpolen besteht, derart, dass die Stärke dieser Pole von der
Mitte, wo sie Null ist, nach den Enden zu immer grösser wird. Dass diese Vor-
stellung irrig ist, beweist aber schlagend der folgende Versuch. Wenn man
einen langen Magnetstab, z. B. eine Nadel, die man vorher magnetisirt hat, in
der Mitte zerbricht, so erhält man nicht etwa zwei Magnete, deren jeder an
dem einen Ende einen Pol, am anderen eine neutrale Stelle hat, sondern jede
der beiden Hälften erweist sich als ein vollständiger Magnet mit einem Nord-
pol und einem Südpol. Zu demselben Ergebniss gelangt man für die durch
weitere Halbirung entstehenden vier Theilstiicke u. s. w.; kurz, jeder noch so
1) Sehr schöne, in grossem Maassstabe gehaltene Abbildungen nach seiner eigenen Methode
giebt LINDECK, Zeitschr. f. Instr.-K. 9, pag. 352, Tfl. I—IV,