Allgemeine Gesetze über den Verlauf von Inductionsströmen in Drahtleitungen. 377
Inductionsccëfficient annähernd dem Cosinus des Winkels proportional, welchen
die Axen der beiden Rollen mit einander bilden.
Man kann diese Thatsache benutzen, um eine Vorrichtung zu construiren,
deren Selbstinductionscoéfficient bei gleichbleibendem Widerstand innerhalb
weiter Grenzen verändert werden kann. Bezeichnet man die Selbstinductions-
coéfficienten der beiden Einzelrollen mit ?, und ?,, den Coéfficienten der In-
duction der beiden Rollen auf einander, wenn sie coaxial sind, mit 4, so ist,
wenn man die Rollen zusammen und hintereinander in eine Leitung einschaltet,
der Selbstinductionscoéfficient der Combination:
PP Takes (37)
welcher durch Drehung von: 4,+2,+gg bis auf: #,-+%23—g gebracht werden
kann.
Andere Rollencombinationen mit veränderlichen Inductionscoëfficienten hat
M. BRrILLOUIN!) benutzt.
Ueber die Berechnung von Drahtleitungen mit sehr kleinem Selbstinductions-
coéfficienten vergl. H. HERTZ?). Von Wichtigkeit sind auch die Untersuchungen
desselben?) über den Einfluss, welchen die Behaftung der Elektricitát mit träger
Masse auf die Vergrósserung des Selbstinductionscoéfficienten haben würde.
Aus den bisherigen Versuchen hat sich eine davon herrührende Vergrösserung
des Inductionscoéfficienten im Vergleich zur Berechnung nicht ergeben.
III. Ueber den Verlauf von Inductionsstrómen, sowie allgemein von ver-
ànderlichen Strómen in Drahtleitungen.
À. Allgemeine Gesetze.
Nach den Entwickelungen der beiden vorigen Abschnitte ist leicht zu über-
sehen, dass man durch Induction in einem Leiterkreis elektromotorische Kráfte
hervorrufen kann, welche zeitlich in beliebiger Weise veránderlich sind. Wird
z. B. ein Magnetstab in eine Drahtrolle eingeführt und wieder herausgezogen,
so entsteht in derselben eine elektromotorische Kraft, welche zunächst zunimmt,
ein Maximum erreicht, wieder auf Null sinkt, um dann nach Aufsteigen zu einem
negativen Maximum schliesslich zu verschwinden. Sind die Enden der Rolle
durch einen Draht verbunden, so verläuft in der geschlossenen Leitung ein
Strom, welcher zwar der Hauptsache nach denselben zeitlichen Verlauf hat, wie
die elektromotorische Kraft. Eine vollständige Uebereinstimmung der beiden
Zeitfunctionen kann aber nicht stattfinden, da in Folge der fortdauernd ver-
änderlichen Stromstärke eine weitere elektromotorische Kraft — die Selbst-
induction — thätig ist. Und zwar werden die beiden Zeitfunctionen, die man
sich als Curven dargestellt denken mag, um so mehr von einander abweichen
je schneller die Veränderungen der ersten elektromotorischen Kraft erfolgen.
Diese Betrachtung ist auch anwendbar, wenn es sich um eine Drahtleitung
handelt, welche eine constante Kette enthält. Bei Schluss derselben steigt die
elektromotorische Kraft plötzlich von Null auf ihren Endwerth, während die
Stromstärke etwas langsamer nachfolgt. ;
Ist allgemein die elektromotorische Kraft ais Zeitfunctioh gegeben, ist ferner
der Selbstinductionscoéfficient und der Widerstand der Leitung bekannt, so ist
1) BRILLOUIN, Ann. de l'écol. norm. 11, pag. 361—362. 1882.
?) H. HERTZ, WIED. Ann. 1O, pag. 414—448. 1886.
3) L c. u. WrED. Ann. 14, pag. 581—590. 1881.