uucn
Elektrische Schwingungen von sehr grosser Schwingungszahl. 415
V. Elektrische Schwingungen von sehr grosser Schwingungszahl.
Ausbreitung der elektrischen Kraft.
Im vorigen Abschnitt wurde darauf hingewiesen, dass zwar ein grosser
Theil der Inductionserscheinungen durch die einfachen Principien F. NEUMANN's
seine Erklärung findet, dass dieselben aber keinen Aufschluss geben über die
Induction in ungeschlossenen Leitungen, über die zeitliche Ausbreitung der In-
ductionswirkungen, über die Mitwirkung von Isolatoren bei denselben.
Alle diese Fragen beantwortet die MaxweLL'sche Theorie der Elektricität,
welche im Abschnitt VI besprochen werden soll. Jedoch fehlte es derselben
bisher an einer definitiven Bestätigung durch das Experiment.
Dieselbe in den wichtigsten Punkten geliefert zu haben, ist das Verdienst
des der Wissenschaft zu früh entrissenen Physikers H. HERTZ!).
Hier sollen zunächst die grundlegenden Versuche von H. HERTZ?) sodann
die sich an dieselben anschliessenden experimentellen Arbeiten anderer Physiker
besprochen werden.
A. Experimentelle Untersuchungen von H. Hertz über sehr
schnelle elektrische Schwingungen.
1) Die Untersuchungsmethode, welche HERTz*) bei der grossen Mehrzahl
seiner Versuche benutzte, beruht auf einer bekannten, ihrem Wesen nach aber
früher nicht genügend aufgeklärten Erscheinung *).
Lässt man die Entladung eines Inductoriums li;
durch zwei Unterbrechungsstellen gehen und bringt 5
an der einen durch einen Draht einen Neben- O—» B —0
schluss an, so wird zwar dort die Funkenstrecke
sehr klein. Doch gehen in sehr geringer Ent-
fernung auch dann noch Funken über, wenn der
Nebenschluss aus einem kurzen, dicken Kupfer-
draht besteht.
Die Entladung setzt also so schnell ein, dass
während derselben an den Enden des Drahtes (P. 236).
erhebliche Potentialdifferenzen auftreten kónnen.
Wird ferner von der einen Seite einer Funkenstrecke eine leitende Ver-
bindung mit einem Drahtkreis hergestellt, welcher an einer Stelle unterbrochen
ist, so entstehen dort im allgemeinen kleine »Nebenfunken«. Es sei die
durch Fig. 236 dargestellte Anordnung getroffen. Das Inductorium 4 entladet
sich durch die Funkenstrecke BC. Von Z2 geht ein Draht nach dem Neben-
kreis mit der Unterbrechungsstelle DÆ. Die Entfernung, in welcher dort noch
Funken übergehen, hängt fast ausschliesslich von der Lage des Punktes 7 ab.
1) H. HERTZ starb in Bonn am 1. Januar 1894.
2) Die dabei in Betracht kommenden Abhandlungen sind von HERTZ selbst gesammelt
und als »Untersuchungen über die Ausbreitung der elektrischen Kraft« (Leipzig
1892) herausgegeben worden. Ausser dem Abdruck der Originalabhandlungen enthált dieses
Buch eine Einleitung, in welcher Ursprung und Fortgang der ganzen Untersuchung dargelegt
werden,
3) H. HERTZ, Ueber sehr schnelle elektrische Schwingungen. WIED. Ann. 31, pag. 421
—448. 1887.
4) Eine Abhandlung von BEZOLD’s (PoGG. Ann. 140, pag. 541. 1870), in welcher ähnliche
Versuche beschrieben und durch Entstehen elektrischer Schwingungen erklärt wurden, fand da-
mals nur geringe Beachtung.