Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

  
  
  
Dynamoelektrische Maschinen. 491 
Wir beginnen mit einem Ueberblick über die Weiterentwickelung der magnet- 
elektrischen Maschinen. 
Einen wesentlichen Fortschritt erfuhr die Construction derselben durch eine 
von WERNER SIEMENS im Jahre 1857 hergestellte Maschine, bei welcher eine neue 
Form des Inductors benutzt wurde.  Derselbe wird als »Cylinderinductors 
oder »Doppel-Z-Inductor« bezeichnet. Die beistehende Fig. 269 giebt eine 
Vorstellung von demselben. Aus einem Eisencylinder Æ 
sind zwei Stücke in der Lángsrichtung herausgeschnitten, , 
deren Querschnitte 48 und CD sind. Diese Ausschnitte / 
sind mit Drähten ausgefüllt, welche in der Längsrichtung / rs, | 
des Cylinders verlaufen und Windungen um letzteren Î À 
bilden. Der Cylinderinductor rotirt zwischen den Polen | 
N und S einer Reihe parallel gestellter Stahlmagnete. | 
Der Vortheil dieser Anordnung liegt darin, dass die In- | 
duction elektromotorischer Kraft in den Dráhten sich 
über einen grósseren Theil der Drehung erstreckt, als 
bei den älteren Maschinen. Allerdings findet auch hier 
ein Wechsel in der Richtung der inducirten elektromo- 
torischen Kraft bei jeder halben Umdrehung statt. Doch 
kann durch einen geeigneten Commutator dem Strom 
in der äusseren Leitung stets dieselbe Richtung gegeben 
  
  
werden. Die SrEMENs'sche Maschine wurde anfánglich 
  
benutzt, um Láutewerke zu erregen, und fand eine grosse ^  (P.269.) 
Verbreitung. 
Im Jahre 1866 construirte H. WirpE eine Maschine von grosser Wirksamkeit, 
welche als eine Combination zweier SrtgMENs'scher Maschinen bezeichnet werden 
kann. Jedoch besitzt die erste Maschine Stahlmagnete, die zweite Elektromagnete. 
Jene dient nur dazu, den zu der Erregung der Elektromagnete erforderlichen 
Strom zu liefern. Diese Maschine gab bereits recht starke Stróme. Immerhin 
war die Wirkungsweise derselben noch so complicirt, dass es als eine Entdeckung 
ersten Ranges bezeichnet werden muss, als es gelang, die Functionen der beiden 
Maschinen in einer einzigen zu vereinen. Wir verdanken dieselbe in erster Linie 
dem deutschen Fabrikanten und Gelehrten WERNER VON SIEMENS in Berlin. Im 
Januar des Jahres 1867 wurde die Abhandlung desselben: »Ueber die Um- 
wandlung von Arbeitskratt in elektrischen Strom ohne Anwendung 
permanenter Magnete« durch G. Macwus der Akademie der Wissenschaften 
vorgelegt. In derselben geht SIEMENS!) von dem Gedanken aus, dass ein elektro- 
magnetischer Motor, welcher aus einem festen und einem drehbaren Elektromagnet 
besteht und durck eine galvanische Kette getrieben wird, bei einer Drehung des 
beweglichen 'Theils durch eine äussere Kraft in demselben Sinne den Batterie- 
strom verstárkt und daduich die feststehenden Elektromagnete stárker magnetisirt. 
Man kann nun die Kette ganz fortlassen. Der in den Elektromagneten nach 
einmaliger Wirkung der Kette zurückgebliebene Rest von Magnetismus genügt 
um zunächst schwache Inductionsstróme in dem rotirenden Inductor zu erregen, 
Bei dem Durchgang derselben durch die Windungen des Elektromagnets wird 
der Magnetismus verstärkt. In Folge dessen nimmt die Intensitát der Inductions- 
stróme zu, allerdings auch die zu der Drehung aufzuwendende Arbeit. 
Schliesslich giebt die Maschine einen Strom von erheblicher Stärke. 
1) W. SIEMENS, Berl. Monatsber. 1867, pag. 55—58; PoGG. Ann. 130, pag. 332—335- 
 
	        
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