524 Technische Anwendungen der Induction.
Hierdurch wird zunächst bewirkt, dass in dem Kreis des Telephons kein
constanter Strom verläuft, sondern ein Wechselstrom. Da gewöhnlich die Win-
dungen des Telephons einen grösseren Widerstand besitzen und hierzu noch
der Widerstand von Leitungen kommt, deren Länge unter Umständen 1000 £z
übersteigt, so würde der Batteriestrom sehr schwach sein und die Widerstands-
änderungen der Contaktstelle nur einen sehr kleinen Bruchtheil des Gesammt-
widerstandes betragen. Durch die getroffene Anordnung erhält dagegen der
secundäre Stromkreis eine sehr viel höhere elektromotorische Kraft. Die Ampli-
tuden des Wechselstroms haben daher trotz des grossen Widerstandes noch
einen beträchtlichen Werth.
C. Fernsprechanlagen.
Nach den bisherigen Auseinandersetzungen würde eine praktisch brauchbare
Fernsprecheinrichtung in ihrer einfachsten Form für jeden Theilnehmer aus
einem Sender (Telephon oder Mikrophon) und einem Empfänger (Telephon)
bestehen, wobei eventuell dasselbe Telephon für beide Zwecke dienen kann.
Hierzu kommt aber noch eine Vorrichtung, durch welche man benachrichtigt
wird, dass eine Unterredung beginnen soll oder umgekehrt, durch welche der
Theilnehmer selbst seinen Wunsch zu sprechen ausdrücken kann.
Es dient dazu eine elektromagnetische Klingel, welche als Wecker be-
zeichnet wird. Dieselbe wird entweder dadurch erregt, dass eine galvanische
Kette geschlossen wird (Batteriewecker), oder durch Drehung einer kleinen
magnetelektrischen Maschine (Wechselstromwecker). Wird die erste Form
benutzt, so ist die Einrichtung getroffen, dass durch Abnehmen des Telephons
von dem Fernsprechapparat der Stromschluss erfolgt. Dient ein Mikrophon als
Sender, so wird ebenfalls durch Abnehmen des Telephons der Stromkeis des-
selben geschlossen.
Die angeführten Apparate, die gewóhnlich an einem Brett befestigt sind,
bilden eine Einzelstation. Von derselben geht eine Leitung nach einer Central-
station, dem Vermittelungsamt.
Die Leitungen werden entweder oberirdisch oder unterirdisch geführt und
bestehen aus dünnem Kupferdraht.
Laufen, wie gewöhnlich, mehrere Leitungen längere Strecken parallel neben
einander, so tritt der Uebelstand ein, dass der Wechselstrom der eınen Leitung
inducirend auf die Nachbarleitungen wirkt, so dass man auf derselben ebenfalls
das in der ersten Leitung geführte Gespräch hören kann und dass durch die
Nebengeräusche die Verständigung erschwert ist. Bei oberirdischen Leitungen
wird dies am einfachsten vermieden, wenn man, mit Verzicht auf Benutzung der
Erdleitung, die Verbindung durch zwei neben einander laufende Drähte herstellt
(Schlaufe), da jetzt die in dem einen Draht inducirte elektromotorische Kraft
durch eine gleich grosse, aber entgegengesetzt wirkende Kraft in dem zweiten
Draht aufgehoben wird.
Unterirdische Leitungen werden benutzt, wenn die Anzahl paralleler
Leitungen auf derselben Strecke sehr gross ist. In diesem Fall werden die ein-
zelnen, isolirten Leitungen zu einem Kabel vereinigt. Hier würde die Wechsel-
induction noch störender wirken. Man hat verschiedene Methoden, dieselbe zu
verringern, z. B. dadurch, dass man jeden einzelnen Draht mit einer dünnen,
metallischen Schutzhölle (Stanniol) versieht.
Eine eingehendere Beschreibung einer Centralstation würde hier zu weit
führen. Es müssen dort zunächst Signalapparate vorhanden sein, welche den