Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

  
560 Erklärungsversuche für die elektrischen Erscheinungen. 
schwindigkeit abhängen muss, ein Resultat, welches wieder zeigt, dass bei uni- 
tarischen Theorien — und eine solche ist die EDLUND’sche — die absolute 
Geschwindigkeit im Raume eine wesentliche Rolle spielt. Die elektrodynami- 
schen Wirkungen werden dadurch erklärt, dass die Kraft, die zwischen zwei 
Körpern wirkt, Zeit braucht, um vom ersten zum zweiten zu gelangen. Daher 
hängt diese Kraft ab von der Bewegung der beiden Theilchen. Entwickelt man 
den Ausdruck für diese Kraft nach dem TavLor'schen Lehrsatz, so müssen 
dann die relativen Geschwindigkeiten und Beschleunigungen und eventuell noch 
höhere Potenzen auftreten. Die. bei dieser Entwickelung sich ergebenden 
Constanten bestimmt EpLUND aus dem Ampére'schen Gesetz. 
Im Wesentlichen ist also die EpLuNp'sche Theorie — bis auf Einzelheiten — 
eine unitarische Stofftheorie, bei welcher das positive Fluidum mit dem Aether 
identificirt wird. Die wesentliche Frage, ob die Kraft, die von einem elektrisirten 
Körper ausgeht, in der Zwischenzeit bis sie zu einem zweiten Körper gelangt, 
in dem Zwischenmedium etwa Veründerungen hervorbringt und welcher Art 
diese sind, wird nicht berührt und nicht beantwortet?). 
Einwände gegen die EpruNp'sche Theorie sind von BAuMGARTEN?), CHWOL- 
sonS), HrrwiG*), RoiTI*), LECHER®) erhoben worden und zum Theil von EDLUND 
widerlegt worden. Rorri hat eine Entscheidung der Frage, ob der elektrische 
Strom ein Aetherstrom ist, dadurch zu finden gesucht, dass er zeigte, es müsse 
der Durchgang des Lichtes durch leitende Körper im bejahenden Fall geändert 
werden. Seine Versuche zeigten das nicht, eben so wenig die von LECHER. 
Doch hat EDLUND dieses Experiment mit Recht überhaupt nicht als entscheidend 
anerkannt. 
C. Mechanische Theorien. 
Eine eigentliche Erklärung der elektrischen Erscheinungen, d. h. eine 
Zurückführung auf bekanntere Erscheinungen wird durch die Fernwirkungstheorien 
nicht gegeben. Eine solche ist erst dann vorhanden, wenn man einen Mechanis- 
mus zwischen den einzelnen Theilen eines elektrischen und magnetischen Systems 
so annimmt, dass durch bestimmte Bewegungen oder Zustände in einem Theile 
dieses Systems, welche man mit gewissen elektromagnetischen Erscheinungen 
identificirt, vermöge dieses Mechanismus auch in den andern Theilen dieses 
Systems solche Veränderungen, seien es Bewegungen oder statische Zustände, 
erzeugt werden, dass diese mit den dort durch elektromagnetische Ein- 
wirkungen wirklich erzeugten identificirt werden kónnen. Wenn man also z. B. 
den elektrischen Strom in einem Drahte als eine wirklich strómende Bewegung 
V So wie bei EDLUND die elektrodynamischen Krüfte nur aus der Annahme abgeleitet 
werden, dass die Kraft Zeit braucht, um sich fortzupflanzen, ohne dass nüher untersucht wird 
wie diese Fortpflanzung geschieht, ebenso geschieht dies nicht bei einigen andern Theorien, 
die hier nur citirt werden kónnen. Die oben erwühnten Formeln von Gauss (Werke Bd. V) 
und RIEMANN, (PoGG. Ann. 131, pag. 237. 1867) gebóren dazu, und die Arbeiten von LORENZ, 
Pocc. Ann. r18, pag. 11r. 1863; 121, pag. 579. 1864; 131, pag. 243. 19867; WIiED. Ann. 7, 
pag. 161. 1879. —  CARL NEUMANN, die elektrischen Kräfte, Leipzig, TEUBNER 1875. — 
LoscHMIDT, Wien. Ber. 58, pag. 17. 1868. 
?) BAUMGARTEN, POGG. Ann. 154, pag. 305. 1875. 
3) CuwoLsoN, PoGG. Ann. Erg. 8, pag. 140, 478. 1876. — EDLUND, P0GG. Ann. 151, 
pag. 133. 1874; 152, pag. 643. 1874; 153, pag. 612. 1874. 
^) HERWIG, PocG. Ann. 150, pag. 623. 1873. 
5) Rorrr PocG. Ann. 150, pag. 164. 1873. 
6) LECHER, Rep. d. Phys. 20, pag. 151. 1884. 
  
  
 
	        
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