Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

  
  
  
Permanente und temporüre Magnetisirung; Coercitivkraft. 51 
dass ein Kórper magnetisch ist, so lange er magnetisirend bearbeitet wird, sich 
also in dem magnetischen Felde befindet, jedoch sofort und vollständig unmag- 
netisch wird, sobald die Kraft aufhört zu wirken. Man nennt einen solchen 
Magneten einen temporären Magneten. Beides sind jedoch ideale Grenzfille, 
welche den in der Wirklichkeit vorkommenden Fällen nicht entsprechen; viel- 
mehr verliert jeder Magnet mit der Zeit einen Theil seines Magnetismus, und es 
behält jeder Magnet nach Aufhören der magnetisirenden Kraft einen Theil seiner 
Wirkung. Die Bedeutung der Grenzfälle ist aber insofern keine geringe, als sie 
in der Wirklichkeit häufig mehr oder weniger annähernd erreicht werden, und 
gerade diese Fälle für die Praxis von besonderer Wichtigkeit sind. Das heisst: 
Gewisse Körper behalten fast den gesammten ihnen beigebrachten Magnetismus 
lange Zeit hindurch bei (wenn auch allmählich eine Schwächung eintritt) und 
gewisse Körper verlieren fast den ganzen oder einen überwiegenden Theil ihres 
Magnetismus in dem Augenblick, wo die magnetisirende Kraft zu wirken auf- 
hört. Damit ist aber nicht gesagt, dass man nicht auch Magnete von mittlerem 
Verhalten herstellen kann. Bezeichnet man den augenblicklichen Magnetismus 
als temporären und seine beiden Bestandtheile als den verschwindenden 
einerseits und den bleibenden, remanenten oder permanenten andererseits, so 
kann man also sagen, dass das Verhältniss zwischen remanentem und temporärem 
Magnetismus alle Werthe zwischen 0 und 1, besonders häufig aber Werthe be- 
sitzt, welche sehr kiein oder sehr wenig von 1 verschieden sind, oder, anders 
ausgedrückt, dass das Verhältniss zwischen remanentem und verschwindendem 
Magnetismus alle Werthe zwischen 0 und co annehmen kann, besonders häufig 
aber unendlich kleine oder unendlich grosse Werthe annimmt. Auf die Werthe 
dieses Verhältnisses hat nicht nur das Material der Magnete, sondern auch ihre 
Behandlungsweise, namentlich die Reihenfolge und Wiederholung einer solchen, 
Einfluss (s. w. u.). 
Coercitivkraft. Zwischen dem verschwindenden und dem bleibenden 
Magnetismus besteht ein wichtiger Unterschied in Bezug auf ihre Erzeugung. 
Es ist námlich viel leichter, verschwindenden als bleibenden Magnetismus zu 
erzeugen, mit anderen Worten: Kórper, bei denen ein grosser Theil des er- 
zeugten Magnetismus bleibenden Charakters ist, erhalten durch dieselbe Kraft 
einen viel schwácheren temporáren Magnetismus als solche, in denen der grósste 
Theil des erzeugten Magnetismus verschwindenden Charakters ist; eine That- 
sache, die ohne weiteres verständlich ist, da im ersteren Falle eine grössere 
dauernde Wirkung erzielt wird, eine dauernde Wirkung aber natürlıch als Aequi- 
valent einer viel grösseren vorübergehenden Wirkung zu betrachten ist. Die 
beiden Unterschiede zwischen dem Verhalten der Körper der einen und der 
anderen Art lassen sich hiernach in vollständige Parallele bringen, indem man 
sagt: Gewisse Körper nehmen den Magnetismus schwer an, verlieren ihn aber auch 
schwer wieder; bei anderen Körpern erfolgt beides ziemlich leicht, oder allgemein: 
Bei verschiedenen Körpern ist der Widerstand, sei es gegen Magnetisirung oder 
gegen Entmagnetisirung sehr verschieden gross. Diesen Widerstand nennt. man 
Coercitivkraft. Sie ist eine Art innerer Reibung, welche zur Folge hat, dass 
der betreftende Körper nicht einen einzigen Gleichgewichtszustand seiner Molekeln 
hat, sondern verschiedene, je nach dem, was vorhergegangen ist. Im Zusammen- 
hange hiermit steht auch die Erscheinung der magnetischen Nachwirkung oder 
Hysteresis (s. w. u.). Legt man die Vorstellung der drehbaren Molekularmagnete 
zu Grunde, so wird die Coercitivkraft besonders anschaulich, sie ist dann der 
Widerstand gegen Richtung resp. Drehung der Molekeln. Dass die Coercitivkraft 
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