Deklination, 85
hierzu nicht in der Lage ist, astronomische Objekte. Von den dabei möglichen
Methoden sind die wichtigsten folgende: 1) Beobachtung eines Sonnenrandes
(des westlichen oder östlichen) mit einem Theodolithen im Augenblicke des
wahren Mittags, d. h. des mittleren Mittags vermindert um die aus den Tafeln
zu entnehmende Zeitgleichung. Das Resultat muss man dann natürlich um den
dem Sonnenradius p entsprechenden Winkel e corrigiren, wozu man die an-
genüherte Formel s — p/szz(e — 9) benutzen kann (e Polhóhe, 6 astronomische
Deklination der Sonne) 2) Beobachtung der äussersten Ostlichen und west-
lichen Lage eines Sternes; die Halbirungslinie giebt den Meridian. 3) Beob-
achtung nur einer dieser beiden Lagen und Hinzufügung oder Abzug des Winkels
arc sin (co58/ cos q) (p Polhóhe, 0 Deklination des Sterns). Für beide Messungen
sind offenbar dem Himmelspol nahe gelegene Sterne, z. B. der Polarstern selbst,
am besten geeignet. 4) Einstellung eines Theodolithen auf einen Stern am
Morgen unter Ablesung des Horizontalkreises, dann die entsprechende Ablesung
am Abend zur Zeit, wo der Stern wieder dieselbe Hóhe hat und Bildung des
Mittels beider Einstellungen. Statt eines Sterns kann man auch den westlichen
und östlichen Sonnenrand benutzen, muss dann aber eine kleine Correction
wegen der Aenderung der Sonnendeklination anbringen. Hat man auf eine
dieser Arten den astronomischen Meridian bestimmt, so markirt man seine
Richtung durch eine Linie oder, wenn die Axe des Beobachtungsapparates eine
feste Aufstellung hat, durch eine Wandmarke, deren Verbindungslinie mit der
Axe jene Richtung hat.
Um nun andererseits den magnetischen Meridian und durch Vergleich des-
selben mit dem astronomischen die Deklination zu bestimmen, bedient man sich
eines Deklinatoriums oder Deklinometers {auch Deklinationsbussole
genannt). Als typische Vertreter der drei gebräuchlichsten Klassen derartiger
Instrumente kónnen diejenigen von GAMBEY!) Gauss und LAMONT gelten. Das
Deklinatorium von GAMBEY enthält eine horizontale Kreistheilung, ein vertikales
rechteckiges Stativ, dessen Ebene sich um die vertikale Mittelaxe drehen lässt,
wobei man den Drehungswinkel mittelst Nonien an der Theilung ablesen kann,
in der Mitte des oberen Querarms ein auch in vertikaler Ebene drehbares Fern-
rohr, mit dem man ferne oder nahe Objekte beobachten kann, je nachdem man
den ringfórmigen oder den centralen Theil des Objektivs benutzt, endlich einen
horizontalen Magnetstab, der an einem in die Vertikalaxe des Apparates fallen-
den Faden hángt und an seinen Enden überstehende Ringe mit Fadenkreuzen
trágt. Man stellt zuerst auf die Marke des astronomischen Meridians, alsdann
so ein, dass die beiden Fadenkreuze des Magneten bei vertikaler Drehung des
Fernrohrs nach einander mit dessen Fadenkreuz zusammenfallen; die Differenz
beider Einstellungen ist die Deklination. Correctionen sind anzubringen wegen
der Asymmetrie des Magneten, wegen der Torsion des Fadens und wegen des
Umstandes, dass die Verbindungslinie der Mittelpunkte der beiden Fadenkreuze
des Magneten nicht genau in die Vertikalebene der Fernrohrdrehung fallen
wird (s. w. u.).
Das Deklinatorium von Gauss?) setzt sich aus einem gewóhnlichen Magneto-
meter und einem ihm in einiger Entfernung gegenübergestellten 'Theodolithen zu-
sammen. Man sorgt zunüchst dafür, dass der Magnet torsionsfrei hänge und
folglich die Richtung des magnetischen Meridians annehme, was man durch
1) GAMBEY, GEHLER's Wórterbuch, Bd. 1, pag. 131.
?) Gauss, Res. a. d. Beob. d. Magn. Ver., Bd. 1. 1836; Ges. Werke, Bd. 5.