Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

  
   
KEPLER: Gesetz der Umlaufszeiten (Drittes Gesetz); die Präcession. 93 
stellung von der TvcHoNfschen in der Form etwas verschieden, die Resultate 
jedoch sind völlig identisch‘). 
Minder glücklich war KEPLER bei der Bestimmung der wahren Bahn der 
Kometen. Seit REGIOMONTAN war von den Astronomen fast allgemein die An- 
nahme acceptirt worden, dass die Kometen zu den Weltkörpern zu zählen 
seien, und schon TvcHo hatte, wie erwähnt, versucht ’ eine Kreisbahn zu be- 
stimmen. KEPLER verliess die Kreisbahn, da er es für unmöglich hielt, 
dass ein Himmelskörper, der sich in einem Kreise bewege, nicht wiedererscheinen 
sollte; er wählte deshalb für die Kometen geradlinige Bahnen, und bestimmte 
dieselben auch für die Kometen von 1607 und 1618. 
Bezüglich der Präcession ist zu bemerken, dass sich KEPLER anfänglich noch 
der COPERNICANI'schen Meinung anschloss, dass die Erde eine vierfache Be- 
wegung haben müsse, bald aber kam er hiervon 
ab und nahm eine parallele Verschiebung der 
Erdaxe im Weltraum an. Die Präcessionsbewegung 
wird dann durch eine kleine Drehung derselben, 
also eine Drehung der Weltpole um die Pole der 
Ekliptik À erklärt, wodurch eine gleichfórmige 
Verschiebung der Aequinoctialpunkte, also eine 
Prücession der Aequinoctien entsteht. Um aber 
auch die Veründerlichkeit der Schiefe der Ekliptik 
zu erkláren, nimmt er an, dass sich um eine mitt- 
lere Lage 4 (Fig. 34) der Pole der Ekliptik die > 
wahren Pole C gleichmássig drehen. Die mittlere 3 x. 
Schiefe der Ekliptik 48 bestimmt KEPLER aus (4/94) 
der physikalischen Hypothese, dass für dieselbe 
die Summe der Fláchenráume der heissen und der beiden kalten Zonen gleich 
sei der Summe der Flüchen der gemüssigten Zonen, woraus 4.8 — 24? 17' 42" 
folgt. Aus den von HiPPARCH und REGIOMONTAN gefundenen wahren Werthen für 
die Schiefe der Ekliptik findet er dann den Halbmesser des kleinen Kreises 
AC — 9? 3' 44" und die Umlaufszeit des Punktes C um 4 nahe 58000 Jahre. 
Während KEPLER die Entfernungen der Himmelskörper durch seine Methode 
in Einheiten der Erdbahnhalbaxe ausdrücken konnte, konnte er die Entfernung 
der Sonne von der Erde selbst in Einheiten des Erdhalbmessers nicht bestimmen, 
da die Sonnenparallaxe zu klein ist. Er ging nun in folgender Weise vor. Ist 
JD der wahre Sonnenhalbmesser, 4 die Entfernung der Erde von der Sonne und a 
der scheinbare Sonnenhalbmesser (15'), so ist # a = D: A und daraus findet sich 
A = 922918 D = mD. Nun schloss KEPLER, dass sich die Entfernung der Erde 
von der Sonne zum Erdhalbmesser verhalte, wie der Sonnenkôrper zum Erd- 
körper, und da hieraus, wenn der Erdhalbmesser 7 gesetzt wird 
3 7 2 
S= n oder mei D=dym 
wird, so folgt 
A=mymd oder D=15d- A = 3469 d 
Weiter schliesst KEPLER, dass sich die Entfernung des Mondes von der Erde 
zum Erdhalbmesser verhalte, wie der Erdkórper zum Mondkórper, und da die 
Entfernung Erde — Mond — 229:18 Mondhalbmesser ist, wenn der Mondhalb- 
1) S. HERZ, Geschichte der Bahnbestimmung von Planeten und Kometen, II. Theil, pag. 208 ff. 
     
   
  
   
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
    
  
   
  
  
   
   
	        
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