Die Probleme der theoretischen Astronomie, 119
t = 0 entsprechende Werth ist, so wird man aus den beiden beobachteten
Werthen
py = Pot WA
Po = po + PZ
erhalten und daraus pp und p' bestimmen können. Die Beobachtungen des
Alterthums sind aber keineswegs hinreichend genau, um in dieser Weise ver-
gleichbare Resultate zu erhalten, und die Bestimmung der Constanten p, und p,
muss in anderer Weise vorgenommen werden. Für ein kleines Zeittheilchen Z7
kann p als constant angenommen werden und die Bewegung des Mondes wird
in diesem Zeitelement p.77, folglich die mittlere Bewegung des Mondes in Länge
seit der Epoche 7 — 0
Ju dt — fps 7 w dt — Zo tri y!
worin die Integrationsconstante Z, die mittlere Lüánge zur Zeit # = 0 ist. Würde
man p' = 0 und für p, den Werth setzen, welcher aus den jeweiligen zur Ver-
fügung stehenden genauesten Beobachtungen der Gegenwart geschópft werden
kann, so würden die überlieferten Finsternisse des Alterthums nicht
dargestellt: die Rechnung wird entweder überhaupt keine Finsterniss ergeben,
weil nach der berechneten mittleren Länge die wahre Länge des Mondes nicht
gleich der wahren Lánge der Sonne sein kónnte!) oder aber es würde sich wohl
eine Finsterniss ergeben, aber die Curve der Centralitát würde bedeutend ver-
schoben, und die Rechnung würde die Finsterniss für ganz andere Orte als
total ergeben, als es die Beobachtung zeigt. Zur Darstellung der Finsternisse
ist ein von dem Quadrate der Zeit abhängiges Zusatzglied £p'/? nôthig?). Den
Coéfficienten 1p' nennt man den Coéfficienten der Secularacceleration oder kurz
die Secularacceleration des Mondes. Harrzy hatte dieselbe wohl angedeutet,
in seinen Tafeln aber nicht berücksichtigt, die erste numerische Bestimmung
derselben aus den historischen Finsternissen rührt von DUNTHORNE?) her, welcher
ihren Betrag gleich 10" fand, wenn für 7 das JuriANI'sche Jahrhundert (365925 Tage)
als Einheit gewählt wird. MAYER nahm in seinen ersten Mondtafeln von 1752
den Coéfficienten gleich 6"-7 an, in der zweiten Ausgabe von 1770 änderte er
diesen Coéfficienten in 9". LALANDE nahm für denselben 9'-886. Die Unter-
schiede rühren wesentlich davon her, dass zur Bestimmung derselben nicht alle,
sondern nur einzelne, und nicht immer die gleichen Finsternisse verwendet
wurden. Die theoretische Erklárung dieser Secularacceleration war die zweite
wichtige Frage, und es mag gleich hier bemerkt werden, dass diese beiden
Fragen noch jetzt offene Fragen bilden, und die mehr oder weniger gute
Lósung derselben immer als ein Prüfstein für eine gute Theorie angesehen wird.
II. Aehnliche Verüánderungen in den mittleren Bewegungen hatte HALLEY
für die beiden Planeten Jupiter und Saturn constatirt, und auch in seinen astro-
nomischen Tafeln aufgenommen. Für Jupiter fand HALLEY eine Secularverzögerung
von 36", fiir Saturn eine Beschleunigung von 1'94". Diese Veránderungen der
mittleren Bewegungen waren theoretisch zu erklären.
') Auf den Umstand, dass bei der Berechnung der Sonnenfinsternisse auch auf die paral-
lactische Verschiebung des Mondortes Rücksicht zu nehmen ist, kann hier nicht näher einge-
gangen werden. S. »Finsternisses.
?) Wohl die eingehendsten Untersuchungen der neuesten Zeit in dieser Richtung hat
GINZEL (Sitzungsberichte der kais. Academie der Wissensch. in Wien 1883, 84) vorgenommen,
wodurch auch die bereits von VON OPPOLZER angezeigte »empirische Correction« nüher bestimmt
wurde.
?) Philos. Transact. No. 492.