140 Allgemeine Einleitung in die Astronomie.
analytischen Standpunkte ist noch hervorzuheben, dass man durch die Berechnung
selbst auf mittlere Elemente geführt wird, d. h. auf solche, von denen sich der
Himmelskórper zu beiden Seiten nur periodisch ziemlich gleichmássig entfernen
kann?) wáhrend die am Beginn der Rechnung zu Grunde gelegten oscuiirenden
Elemente diese Eigenschaft keineswegs zu besitzen brauchen. Hingegen hat
diese Methode der Stórungsrechnung einen bedeutenden Nachtheil: die Stórungen
fallen im Allgemeinen viel grósser aus, als bei der Berechnung der Stórungen
in rechtwinkligen oder polaren Coordinaten. Betrachtet man eine geringfügige
Aenderung der Bewegungsrichtung, so wird durch dieselbe, da der Schnitt mit
der Ekliptik ziemlich weit wegfällt, die Veränderung in der Richtung der Knoten-
linie und Neigung ganz bedeutend werden können. Ebenso werden durch ganz
bedeutende Aenderungen in der Richtung der Apsiden, der grossen Axe und
Excentricität, die Aenderungen in dem Orte nur minimale werden. Aus dieser
Ursache hat LAGRANGE in seinen 1766 publicirten Untersuchungen über die
Bewegung der Jupitersatelliten die Methode von CLAIRAUT für die Bestimmung
der Störungen des Ortes überdies aber an Stelle der Störungen von Knoten
und Neigung sofort die Störung senkrecht zur Bahnebene gewählt. Nimmt
man in einer festen, durch den Centralkörper gehenden Bahnebene ein
bewegliches Coordinatensystem so, dass die X- und Y-Axe in einer gleich-
mässigen Rotation begriffen sind, und die X-Axe stets mit dem mittleren Orte
des Himmelskörpers zusammenfällt, so wird der Unterschied zwischen der mittleren
und wahren Länge von der Ordnung der Mittelpunktsgleichung und der Störungen
sein; ebenso wird der Radiusvector sich von der mittleren Entfernung nur um
Grössen derselben Ordnung unterscheiden, und endlich wird der senkrechte
Abstand des Himmelskörpers von dieser Ebene (in der Richtung der Z-Axe)
auch von der Ordnung der Störungen sein. Man kann hiernach die rechtwinkligen
Coordinaten: Differenz des Radiusvectors von der mittleren Entfernung x, und
die beiden anderen dazu senkrechten Abstände y, z als Störungen ansehen.
Dieser (in wenig modificirter Form) zuerst 1766 von LAGRANGE für die Jupiter-
satelliten eingeschlagene Weg wurde später (1772) von EULER in seiner dritten
Mondtheorie benutzt, für welche die áusserst umfangreichen Rechnungen (wieder
nach der Methode der unbestimmten Coëfficienten) von KRAFFT und LEXELL
durchgeführt wurden.
Schon LAGRANGE hatte in seiner mehrerwähnten Arbeit über die Jupiter-
satelliten gefunden, dass die nicht unbedeutenden Unregelmässigkeiten in der
Bewegung derselben, deren Periode WanGENTIN in seinen Tafeln gleich 4374
angenommen hatte, durch die merkwürdigen Beziehungen zwischen den mittleren
Bewegungen der drei inneren Satelliten bedingt wird. Seien dieselben p, v4, v.s,
so ist sehr nahe uw, = 2p,; p, = 9p, und noch viel genauer (p, — 2p)
= (mg — 2p3). Hieraus folgt nun, wenn M0, 772, 44? die mittleren Lángen der
drei Satelliten für eine gewisse Epoche, /77,, M,, M, dieselben tür eine beliebige
andere Epoche bedeuten,
M, — 8.M, -- 244, — Mg — 3.M$ -- 2M + (un, — 3p, 7 2p4,)7
— )—3M--24M$,
da der Coéfficient von / äusserst nahe = O0 ist. LAGRANGE findet für eine be-
stimmte Epoche diesen Werth nahe — 180? und nimmt daher an, dass derselbe
wenigstens für sehr lange Zeitráume 180° ist.
1) Nach der HawsEN'schen Bestimmung sind mittlere Elemente solche, von welchen die
Abweichungen auf beiden Seiten ein Minimum betragen.