Astrophotographie. 303
Frage des vollkommen scharfen Bildes, sondern es kam besonders auch die der
getreuen Wiedergabe der Erscheinung in Betracht, d. h. es blieb festzustellen,
ob nicht die Fixirung ausser den optischen Unvollkommenheiten Irrthümer hervor-
zubringen vermóchte. Pie in der ersten Zeit bekannten Verfahrungsweisen er-
gaben bei den angestellten ferneren Versuchen eine sehr bemerkbare Verzerrung
der Collodiumschicht, und auch das später eingeführte Trockenverfahren wollte
anfangs nicht irgendwie brauchbare Resultate finden lassen. Es zeigten sich un-
regelmässige Verzerrungen bis zum Betrage von 0*02 zz». Indessen gelang es
den Bemühungen doch, neue Methoden aufzufinden, sodass Verzerrungen von
kaum 0°003 mm übrig blieben. Dazu trat als Hilfsmittel, dass man im Brenn-
punkt des Fernrohrs ein feines Glasnetz anbrachte, auf welchem die Entfernung
der einzelnen Linien mit vollster Schärfe bestimmt werden konnte, wie dies ja
im vorstehenden Artikel mehrfach Erwähnung gefunden hat. Das photographische
Bild der Sonne erschien daher mit den schwarzen Linien durchzogen und durch
Nachmessung der Entfernung der Linien liess sich so die Grösse etwaiger Ver-
zerrungen ermitteln. Die Erfolge der Voruntersuchungen waren derart, dass von
den verschiedenen Nationen die Aussendung photographischer Expeditionen be-
schlossen wurde, man konnte sich der Anstellung eines solchen Versuches, der,
wenn er gelang, ganz ausserordentlichen Werth haben musste, nicht entziehen.
Schwierigkeit bereiteten die vorher beschriebenen Constructionen der Photo-
heliographen, der Fernröhre, welche zum Entwerfen des Bildes dienten.
Die Zahl der überhaupt erhaltenen Aufnahmen war sehr befriedigend und
übertraf an einzelnen Stationen selbst die grössten Erwartungen; der Erfolg in
der Qualität war aber doch nicht gleich günstig, und im Jahre 1882 wurde von
verschiedener Seite, im Speciellen auch von Deutschland und England, von der
Anwendung photographischer Aufnahmen ganz abgesehen.
Der erste Versuch mit Sternphotographien geht auch schon in das Jahr 1850
zurück, wo BonD in Cambridge ein Deguerreotyp von a-Lyrae und a-Geminorum
erhielt; letzterer zeigte ein lángliches Bild, welches jedenfalls durch den Be-
gleiter verursacht wurde. Aber mehr liess sich damals nicht erreichen, selbst
lang andauernde Belichtung durch « Urs. min. brachte keinen Eindruck auf der
Platte hervor und demzufolge ruhten die weiteren Bemühungen bis zum Jahre 1857,
wo die Photographie als solche einen neuen Anstoss gab. Es ist staunenswerth,
welche Erfolge BowNp schon damals erzielte. Es gelang ihm ohne Schwierigkeit,
den Doppelstern $ Urs. min. mit g Urs. maj. in 80 Secunden zu fixiren, und
unmittelbar danach versuchte er die Distanzmessungen. Die Genauigkeit war
eine überraschende, und zwar trotz der zunüchst vermutheten Unsicherheit, da
das Bild des Hauptsterns eine betrüchtliche Ausdehnung hatte. Bei nüherer Be-
trachtung waren aber die Umrisse scharf und symmetrisch genug, sodass sich
aus einer Combination der Messungen die Distanz wirklich auffallend genau
ergab. Eine gróssere Reihe solcher Aufnahmen und Messungen liess für die
Distanz 14'-49 und den Positionswinkel 1479:5 finden, wührend W. SrRuvE hier-
für 14-40 und 147'4 erhalten hatte. Der wahrscheinliche Fehler einer einzelnen
photographischen Distanz war -t 0'^08, ein kleinerer Werth selbst, als ihn
W. STRUVE fiir eine einzelne Mikrometermessung gefunden hatte, = 0''197.
Dieser ungeahnte Erfolg trieb natürlich zu weiteren Versuchen, und während es
1850 unmöglich gewesen, von einem Stern 2. Grósse ein Bild zu erhalten,
konnten jetzt die photographischen Aufnahmen auf Sterne 6. und 7. Grösse aus-
gedehnt werden. Helle Sterne, wie a Lyrae, gaben fast momentan einen Ein-
druck auf der Platte, wie daraus ersichtlich, dass BonD bei angehaltenem Uhr-