Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

     
   
  
  
   
   
     
   
     
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
   
    
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
    
  
  
  
  
  
  
Astrophotometrie. 
zur Erde kämen. Die Annahme ständiger fester Schlackenfelder neben Weiss- 
gluth begegnet manchem physikalischen Bedenken, ausserdem dürfte man diese 
Hypothese nur auf die Veründerlichen kurzer Periode (etwa gleich der Sonnen- 
rotation) anwenden, oder man müsste zur Annahme sehr langsamer Rotationen 
greifen, für welche man bis jetzt durch direkte Beobachtung ebenso wenig einen 
Anhalt besitzt, wie für das Vorkommen fester Schlackenfelder. 
Ganz anders sucht sich eine Hypothese mit dem Problem abzufinden, 
welche annimmt, dass der betreffende Stern kein regelmissiger Korper sei, 
also keine Kugel oder Rotationsellipsoid, sondern ein dreiaxiges Ellipsoid, 
welches um eine der kleinen Axen rotire. Dann wiirde das Gestirn gegen 
die Erde bald eine grössere, bald eine kleinere Fläche kehren und so bald 
mehr, bald weniger Licht derselben zusenden. Es würden hauptsächlich die 
Veränderlichen mit kurzen und sehr regelmässigen Perioden, deren Spectra 
der I. Klasse angehören, sein, auf welche diese Hypothese Anwendung finden 
könnte, doch hat nach dem oben Mitgetheilten die Doppelsternhypothese für 
die Sterne des Algoltypus eine so grosse innere Wahrscheinlichkeit, dass man 
fast von Gewissheit reden kann und daher einer weiteren Erklärungsform für 
dieselben nicht mehr bedarf. 
Nach dem, was oben über die Spectra der sogen. »neuen« Sterne gesagt 
ist, scheint es zunáchst nicht, als ob sich dieselben alle einer Erklürungsform 
fügen würden; dass dies doch möglich ist, lehrt die von WirsiNG aufgestellte 
Hypothese. Derselbe denkt sich eine Nova als einen von einem dunkein Be- 
gieiter in sehr excentrischer Bahn umkreisten, nur noch schwach leuchtenden 
Stern mit starker Atmosphäre. Wenn der ziemlich gross zu denkende Begleiter 
in seiner Bahn dem Hauptstern so nahe als möglich gekommen ist, so übt er 
auf die Atmosphäre desselben eine solche Anziehungskraft aus, dass einige Ober- 
flächentheile fast völlig von dieser entblösst werden, wodurch das continuirliche 
Spectrum des Sternes beträchtlich heller, aber immer noch von dunkeln Ab- 
sorptionsstreifen durchzogen sein würde, welche die ja immer noch vorhandene 
Atmosphäre hervorruft. Der Begleiter bewirkt durch seine grosse Annäherung 
aber nicht nur eine Fluthwelle in der Atmosphäre, sondern auch im glühenden 
Innern des Hauptsternes, dadurch werden Gaseruptionen hervorgerufen und diese 
erzeugen die hellen Linien im Spectrum. Entfernt sich nun der Begleiter wieder 
allmählich, so bedeckt die Atmosphäre wieder nach und nach gleichmässig den 
Hauptstern und damit nimmt. das continuirliche Spectrum an Helligkeit ab, 
während die glühenden Gase sich vermöge ihrer Leichtigkeit über die Atmo- 
sphäre erhoben haben und hier sich erst ganz allmählich auskühlen, sodass 
also die hellen Linien ebenfalls langsam an Intensität verlieren. Ist die Flut- 
welle im Innern des Sternes nicht mächtig genug, um Gasausbrüche zu erzeugen, 
so tritt durch die Annäherung des Begleiters nur eine Aufhellung des continuir- 
lichen Spectrums ein, wie sie bei der Nova im Andromedanebel beobachtet 
wurde. Dass eine zufällige Annäherung zweier Sterne dieselben Erscheinungen 
hervorrufen kann, wie hier der Begleiter es thut, ist wohl selbstverständlich. Bei 
Annahme einer solchen würde eben das ganze Phänomen nur einmal bei einem 
Sterne auftreten. 
Aelter als die eben angeführte Hypothese ist die von ZÖLLNER bereits 1865 
ausgesprochene, welche auch die spectroskopischen Beobachtungen zu erklären 
vermag, obwohl sie vor deren Bekanntwerden aufgestellt wurde. ZÖLLNER stellt 
sich unter einer Nova einen an seiner ganzen Oberfläche erkalteten Stern vor, 
dessen feste Schale aus irgend welcher Ursache an einer oder mehreren Stellen
	        
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