362 Astrophotometrie,
von der glühend flüssigen Masse des Innern plötzlich durchbrochen wird. Die
austretende Glutmasse überströmt einen mehr oder weniger grossen Theil der
festen Oberfläche und zersetzt dabei die dort vorhandenen chemischen Ver-
bindungen, wodurch aufs Neue Licht und Wärme erzeugt wird. Die aus-
gebrochenen Massen und der Verbrennungsprocess erzeugen das continuirliche
Spectrum und die Atmosphäre des Sternes, sowie auch zum Theil die bei den
chemischen Zersetzungen entwickelten Gase rufen die dunkeln Absorptionslinien
in demselben hervor. Glühende Gasmassen, die bei der Eruption aus dem
Innern mit ausgetreten sind, oder solche, die sich bei dem Verbrennungsprocess
gebildet haben, liefern die hellen Linien im Spectrum. Je nach der
Grôsse des Ausbruchs wird die Abkühlung der ausgeflossenen Massen mehr
oder weniger schnell erfolgen, damit der Verbrennungsprocess aufhôren und so
eine allmähliche Helligkeitsabnahme des continuirlichen Spectrums eintreten,
wihrend sich die verháltnissmássig in viel betrüchtlicherer Menge ausgestrómiten
glühenden Gasmassen, die sich über die Atmosphäre des Sternes erhoben haben,
hier langsam auskühlea, und so auch schliesslich die hellen Linien im
Spectrum verblassen. Durch welche Ursachen kann denn aber ein solcher
Durchbruch der schon erkalteten Oberfläche erfolgen? Die Annahme, dass der-
selbe durch den nahezu centralen Zusammenstoss zweier Sterne hervorgerufen
werde, ist nicht wohl haltbar, wenn man bedenkt, welche ungeheure Zerstórung,
welche kolossale Temperatursteigerung dadurch bewirkt würde. Der eine oder
auch beide Kórper würden durch und durch Glühhitze erreichen und es wáre
nicht abzusehen, wie danach eine so schnelle Auskühlung móglich sein sollte,
die schon nach wenigen Monaten — den photometrischen und spectroskopischen
Beobachtungen zu Folge — bei einzelnen neuen Sternen eingetreten sein muss.
Eher kónnte der Einsturz eines Meteors von entsprechender Grósse einen solchen
lokalen Ausbruch bedingen, wie ihn die ZôLLNER'sche Hypothese annimmt, oder
die Ursachen desselben würen auf eine zu starke Spannung der Dümpfe und
Gase im Innern des Körpers zurückzuführen. Endlich könnte auch, wie bei
der WiLsiNG'schen Hypothese, eine einmalige oder periodische sehr grosse An-
nüherung zweier Sterne einen oder wiederholte Ausbrüche aus dem Innern des
einen oder anderen hervorbringen.
Diese beiden Hypothesen baben das eine Gemeinschaftliche, dass sie unter
den sogen. »neuen« Sternen sich solche vorstellen, deren Entwickelung schon
soweit vorgeschritten ist, dass sie eine feste, erkaltete Oberfläche haben, also
eigentlich schon recht alte Sterne sind. Zugleich aber zeigen sie auch, dass
man die »neuen« Sterne eben nur als eine besondere Art der »Veránderlichen«
aufzufassen hat. Die Entdeckung und Verfolgung der letzteren ist freilich weniger
alt als die der neuen Sterne, und die Beachtung dieser wiederum bedeutete den
ersten weiteren Ausbau der ursprünglich auf die gegenseitige Abschätzung der
Helligkeiten der mit blossem Auge sichtbaren Sterne beschränkten Astrophoto-
metrie.
Literaturnachweis.
Evrrr, Réflexion sur les divers degrés de lumière du soleil et des autres corps célestes ;
Histoire de l’académie royale des sciences et belles lettres de Berlin, année 1750, pag. 280-
SmITH, Optik, übersetzt von KAESTNER, Altenburg 1755.
BOUGUER, Trait& d’optique sur la gradation de Ja lumiére. Ouv. posth. publ. de M. l'abbé
DE LA CAILLE. Paris 1760.
LAMBERT, Photometria sive de mensura et gradibus luminis, colorum et umbrae, Augsburg 1760.
STEINHEIL, Elemente der Helligkeitsmessungen am Sternenhimmel; Abhandlungen der
mathem. physik. Klasse der kgl Societüt der Wissensch. zu Góttingen; Bd. II. 1835.
~~