Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

22 Allgemeine Einleitung in die Astronomie. 
statt, wenn das Gestirn einen vollen Umlauf im Epicykel vollführt hat, wobei 
aber die Grösse der Bewegung desselben im Epicykel immer vom instantanen 
Apogäum Z gezählt wird, d. h. ist der Mittelpunkt des Epicykels nach einer 
gewissen Zeit nach C' gekommen, das Gestirn im Epicykel nach P so ist die 
thatsáchliche Drehung des Gestirnes in: demselben offenbar /C' P, wenn C'/| CZ 
ist; allein in der Theorie der Epicykeln záhlt man diese Drehung so, als hätte 
sich der Epicykel unter starrer Verbindung der Punkte LÀO um O gedreht, 
wobei dann die Drehung des Planeten im Ejpicykel gleich Z'C'P ist. Der 
Grund hiervon wird klar, wenn man bedenkt, dass nach einer Periode der Un- 
gleichheit das Gestirn wieder im Apogáum L sein muss, der Epicykel sich aber 
unterdessen von C wegbewegt hat. Wird der Epicykel mit dem excentrischen 
Kreise combinirt, so ist das Apogäum des Deferenten in C, das instantane 
Apogäum des Epicykels in der Verlängerung von ZC’ in Lg; doch treten auch 
hier noch andre Complicationen ein. 
Für den zweiten Fall findet die Bewegung des Epicykelmittelpunktes im 
Deferenten in der Richtung der Zeichen (in der Richtung des Pfeiles) statt, die 
Bewegung des Gestirnes im Epicykel jedoch ebenfalls in der Richtung der Zeichen 
(entgegengesetzt der Richtung des Pfeiles); dann addiren sich für einen Beob- 
achter in O oder E die Bewegungen in Z und subtrahiren sich in 77, es wird 
demnach im Perigium des Epicykels die Bewegung am langsamsten, im Apo- 
gium am raschesten. In welchen Fàllen die erste oder zweite Darstellungsart 
gewählt werden müsste, ergiebt sich aus den Beobachtungen selbst. Da nämlich 
für. die Sonne und den Mond die rascheste Bewegung im Perigäum stattfindet, 
was für den Mond schon daraus erkannt wird, dass sie dann stattfindet, wenn 
der scheinbare Halbmesser am grössten erscheint, so muss der excentrische Kreis 
oder die erste Darstellungsart des Epicykels gewählt werden. Da ferner für alle 
andern wandelnden Gestirne die langsamste direkte Bewegung (eine negative 
direkte Bewegung, Retrogradation) eintritt, wenn dieselben in ihrem grössten 
Glanze erscheinen, also in der Erdnähe sind, so ist unmittelbar klar, dass für 
die Planeten die zweite Darstellungsart gewählt werden muss. Nach unseren 
heutigen Kenntnissen von den wirklichen Bewegungen der Himmelskörper lässt 
sich dies auch ohne Zuhilfenahme der Beobachtungen ableiten. Für den Mond 
hat man die wahre Bewegung um die Erde darzustellen, welche natürlich im 
Perigäum rascher ist als im Apogäum, daher die erste Darstellungsweise. Des- 
gleichen bewegt sich die Erde in der Sonnennähe (dem Perihel) am raschesten, 
in der Sonnenferne (dem Aphel) am langsamsten; es ist aber die von der Sonne 
gesehene wahre (heliocentrische) Bewegung der Erde genau gleich und im Ganzen 
gleichgerichtet mit der von der Erde gesehenen scheinbaren (geocentrischen) 
Bewegung der Sonne. Ist nämlich die Erde in E (Fig. 6) so wird die Sonne O 
in der Richtung Ze zwischen den Fixsternen gesehen, ist die Erde nach Z1 
gekommen, so erscheint die Sonne in der Richtung Z,e,, und da die beiden 
parallelen Linien Ze und Z,y am Himmel denselben Punkt treffen, so hat die 
Sonne scheinbar den Weg yZ,e, in der Richtung ce, zurückgelegt, während 
die Erde in Wirklichkeit den Weg ZZ, zuriicklegte. Da nun die Erde sich in 
direkter Richtung um die Sonne bewegt, so wird auch die Sonne sich schein- 
bar in direkter Richtung um die Erde bewegen, und da <<y £,¢, = SL EOE,, 
so wird in jedem Momente die scheinbare Winkelgeschwindigkeit der Sonne 
gleich der wahren Winkelgeschwindigkeit der Erde sein; überträgt man sich 
daher um die ruhend gedachte Erde die scheinbaren (geocentrischen) Richtungen 
nach der Sonne (die stets nach den Punkten des Hımmels gerichtet sind, die 
  
  
 
	        
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