Astrospectroskopie. 427
Diese DuwÉR'schen Zahlen würden also die aus den Sonnenflecken ge-
fundenen Rotationswerthe im Grossen und Ganzen bestátigen. Die sonstigen
Linienverschiebungen an der Sonne treten in den Spectren der Sonnenflecke
und -protuberanzen gelegentlich auf und sind schon bei Besprechung dieser er-
wähnt und durch Zeichnungen erläutert worden, worauf hier nur verwiesen wird.
Die interessantesten Resultate hat das DOPPLER’sche Princip in seiner An-
wendung auf die Fixsternspectra gezeitigt. Die ersten Versuche auf diesem Ge-
biete wurden von HucaiNs im Jahre 1867 und von VOGEL 1871 angestellt, aber
wegen ihrer ausserordentlichen Schwierigkeit und Unsicherheit (beide Beobachter
suchten direkt im Spectroskop die Linienverschiebung zu messen) nicht weiter
fortgesetzt. Trotz dieser wenig ermuthigenden Erfahrung wurden systematische
Beobachtungen dieser Art sowohl in Greenwich als auch von SEABROKE unter-
nommen, jedoch mit sehr geringen Erfolgen. Bei beiden Beobachtungsreihen
konnte die Messung eines Sterns an einem Abend nicht einmal eine sichere
Entscheidung über das Vorzeichen der Verschiebung liefern, geschweige denn
über deren Grösse. Diese konnte erst aus einer sehr erheblichen Anzahl von
Beobachtungen eines Sterns einigermaassen festgelegt werden, doch ist bisher
in Greenwich die erforderliche Anzahl erst bei einigen der untersuchten Sterne
erreicht, durchaus noch nicht bei allen; bei SEABROKE ist diese Anzahl für keinen
Stern vorhanden. Die Beobachtungen des letzteren scheinen auch theilweise
von. systematischen Fehlern beeinflusst zu sein. Bezeichnend für die Güte der
beiden in Rede stehenden Beobachtungsreihen ist auch der Umstand, dass eine
Berücksichtigung der Erdbewegung im Visionsradius oder mit anderen Worten,
die Reduction der Messungen auf den Sonnenmittelpunkt keine bessere Ueber-
einstimmung zwischen den’ einzelnen Resultaten eines Sterns herbeizuführen ver-
mag. Diese Uebelstände der direkten Messung am Spectroskop wurden mit
einem Schlage beseitigt, als VoGEL im Jahre 1888 die Photographie zu Hilfe
nahm und einen vorzüglichen Spectrographen für die Potsdamer Sternwarte an-
fertigen liess. Mit Hilfe dieses Instruments haben H. C. VoGEL und SCHEINER
vom 26. September 1883 bis zum 3. Mai 1891 252 Aufnahmen der Spectren von
51 der hellsten Sterne (fiir schwichere reichten die optischen Mittel nicht aus)
gemacht und ausgemessen. Der wahrscheinliche Fehler, mit weichem das
Messungsresultat aus einer Aufnahme behaftet ist, beträgt in Potsdam == 2:60 Kilo-
meter pro Secunde, in Greenwich bei den Beobachtungen eines Abends 2- 21:52 Kilo-
meter, wührend sich die mittlere Geschwindigkeit der Sterne im Visionsradius
nach den Potsdamer Messungen zu 16 Kilometer, nach den Greenwicher zu
27 Kilometer pro Secunde ergiebt, danach würde also im Mittel der wahr-
scheinliche Fehler einer Bestimmung in Potsdam 169, in Greenwich dagegen
809 vom Resultat betragen. Eine sehr schóne Bestátigung haben die Pots-
damer Resultate durch die von KeeLER mit dem Riesenrefractor des Lick
Observatory angestellten direkten Messungen von Verschiebungen der D-Linie
erfahren, denn bei den vorzüglichen optischen Leistungen dieses Instruments
stehen diese Beobachtungen den photographischen Potsdamer Aufnahmen an
Werth gleich. Danach haben sich für die Bewegungen im Visonsradius in einer
Secunde in den drei Beobachtungsorten ergeben für
Greenwich Potsdam Lick Observatory
a Botis —'(0:5 — 74 — 69
a Tauri 4-50:5 +482 +490,
wo die Zahlen wiederum Kilometer sind und das positive Vorzeichen ein
Wachsen, das negative ein Abnehmen der Distanz Stern-Sonne bedeutet,