Azimuthbestimmung. 449
ist, so braucht man auch dann noch nicht auf die Anwendung des Passagen-
instrumentes zu verzichten. Es treten dann nur die Vorschriften ein, die man
bei der Beobachtung im ersten Vertical zu befolgen hat, indem man dann den
Abstand des Objectes (der Maike) von diesem ermittelt. Bei dem im Allgemeinen
wohl seltenen Eintreffen eines solchen Falles mógen hier kurze Hinweisungen
genügen, indem auf die Herleitung der Formeln, wie oben bei den Zeit-
bestimmungen, auf den einschligigen Artikel verwiesen wird. An Stelle des
Polarsternes müssen dann natürlich solche Sterne treten, die den ersten Vertical
passiren, und zwar hat man solche zu wählen, die ihn in grosser Zenithdistanz
passiren. Die Beobachtungen müssen dann auf den Ost- und Westvertical und
beide Kreislagen vertheilt werden, und es sind dann die Antrittszeiten an den
Seitenfáden auf den Mittelfaden mit den betreffenden Formeln zu reduciren.
Das wahrscheinlichste Azimuth des Mittelfadens ergiebt sich dann aus der
Gesammtheit folgender Formeln:
Kreis Nord, Stern Ost: Z'—(U — i cosec q cotang z) — — à cosec 9 — € cosec coste 8
Kreis Süd, Stern Ost: 7 —(U — icosec q cofang z) — — à cosec 9 + € cosec e cosec £
Kreis Süd, Stern West: Z'—(U -- 2 cosec q cofang 2)— —- à cosec — € Cosec @ cosec 3
Kreis Nord, Stern West: Z'—(U -- i cosec e cofang z) — — a cosec q -- c cosec q cosec a
Hier bedeutet dann 7'die wahre Durchgangszeit durch den ersten Vertical,
die nach der Formel
lang à
dag? ou USC Tue
lang e
zu : erechnen ist.
In Betreft der Verwendung von Reflexionsinstrumenten (Sextanten u. s. W.)
zu solchen Bestimmungen sei auf die bei diesem Artikel gemachten Angaben und
Bemerkungen verwiesen.
Beispiele.
Im Jahre 1888 wurde in der Zeit vom 11. bis 24. Juni das Azimuth der
Richtung Schneekoppe (im Riesengebirge) — Grôditzberg bestimmt, und zwar
unter Anwendung der direkten Messung mit dem Universalinstrument, als
auch der Einführung einer Marke mit dem Passageninstrument. Was die
Beobachtungen mit dem Universalinstrument betrifft, so wurden sie zunächst zur
Elimination der Theilungsfehler auf 6 áquidistante Stánde des Horizontalkreises
gleichmássig vertheilt, und auf jedem Stande je eine Reihe Morgen- und Abend-
beobachtungen ausgeführt, wodurch die Resultate frei von der Unsicherheit in
der Position und in der Auffassung des Sternes wurden. Zu weiterer Elimination
der Theilungsfehler wurde, da die Construction des Instrumentes eine Drehung
des Kreises in kleineren Intervallen als 30? nicht zuliess, noch innerhalb eines
jeden Kreisstandes eine dreimalige Drehung um je 1^ in der Weise aus-
geführt, dass inmitten einer jeden vollständigen Beobachtungsreihe eine Drehung
um je 1° vorgenommen und die Morgen- und Abendbeobachtungen an
Stellen des Kreises ausgeführt wurden, welche sich um 2° von einander unter-
schieden. So erfolgten die Abendbeobachtungen auf den Kreisständen 359°, 0°,
29°, 30°, 59°, 60°, 89°, 90°, 119°, 120°, 149°, 150° in der Lage I des Fernrohres,
die Morgenbeobachtungen dagegen auf den Ständen 1°, 2°, 31°, 32° u. s. w. in
der Lage II des Fernrohres. Hier wollen wir die Abendbeobachtungen des
11. Juni mittheilen, wofür der scheinbare Ort des Polarsternes nach dem »Berliner
astron. Jahrbuch« ist:
a = 12 177 3551 à = + 88° 42' 23""44,
VALENTINER, Astronomie, I. 29