Bahnbestimmung der Planeten und Kometen. 463
Ein Vergleich der grössten Geschwindigkeiten im Kreise und in der
Parabel giebt b 20
EA V2 = $^ ( )
Aus der Gleichung (18) geht übrigens hervor, warum der Fall einer kreis-
fórmigen oder parabolischen Bahn ungleich weniger wahrscheinlich ist, als der
einer der anderen möglichen Bahnformen, nämlich weil der Spielraum der Ge-
schwindigkeit im Falle eines Kreises oder einer Parabel ein zu enger ist. Immer-
hin wird die Parabel bei Kometen, der Kreis bei Planeten als erste Annáherung
an die richtige Bahnform betrachtet werden kónnen.
Die drei simultanen Differentialgleichungen zweiter Ordnung, welche die unge-
störte Bahnbewegung eines Himmelskórpers darstellen, erfordern wie wir ge-
sehen haben, sechs willkürliche Constanten, welche durch die Beobachtungen
bestimmt werden.
Jede Beobachtung liefert zwei sphárische Coordinaten (Rectascension und
Deklination), die dritte der Coordinaten, die Distanz des Himmelskórpers von
der Erde, wird durch die drei Beobachtungszeiten ersetzt, so dass in der That
die drei Beobachtungsdaten zur Ableitung der sechs willkürlichen Constanten,
der Bahnelemente, ausreichen; die Bahnelemente sind in der Form, wie wir
sie benützen, wahrscheinlich erst nach und nach eingeführt worden, waren aber
zur Zeit, als NEwTON's Principien erschienen, schon allgemein im Gebrauch.
Zwei derselben bestimmen die Lage der Bahn gegen eine fixe Ebene, meistens
die Ekliptik; die Neigung der Bahn 7 ist der Winkel zwischen der Bahnebene
und der Fundamentalebene (Ekliptik); der aufsteigende (9) oder nieder-
steigende (@) Knoten ist jener Punkt der Bahn, in welcher der Himmels-
körper von der südlichen zur nördlichen Breite oder umgekehrt übergeht; durch
diese zwei Grössen ist die Bahnlage vollkommen definirt. Die Dimensionen der
Bahn und ihre Lage in der Bahnebene erfordern drei weitere Elemente; der
Parameter ? und die numerische Excentricität e bestimmen die Grösse
und Art des Kegelschnittes, die Länge des Perihels x, welche sich aus der
Länge des aufsteigenden Knotens und aus dem Abstand des Perihels vom auf-
steigenden Knoten w zusammensetzt,
= +,
sind für die Lage der Bahn in der Bahnebene maassgebend. Als sechstes und
letztes Element tritt noch die Stellung des Himmelskörpers in seiner Bahn hinzu;
diese kann gegeben sein durch die einem gewissen Zeitpunkt, der Epoche,
entsprechende mittlere Anomalie (Planeten) oder durch die Zeit, zu welcher
der Himmelskórper das Perihel passirte 7° (Kometen).
Ausserdem pflegt man in Ellipsen (Planeten) die grosse Bahnhalbaxe a,
bei Parabeln oder nahe parabolischen Babnen (Kometen) die Periheldistanz
q anzugeben. Endlich wird bei den Planetenbahnen hàáufig statt der numeri-
schen Excentricitát e die sogen. optische Excentricitát e, d. h. jener
Winkel eingeführt, unter dem vom Scheitel der kleinen Axe der Bahn aus die
numerische Excentricitát erscheint. Andere Elemente, wie z. B. die Masse des
Himmelskórpers, müssen bei ersten Bahnbestimmungen vernachlässigt werden;
dieselben sind meist im Vergleiche zu den eben betrachteten unbedeutend..
Da bei der Parabel die grosse Axe a = ce ist, also als bekannt voraus-
gesetzt werden kann, so füllt ein Bestimmungsstück weg; es ist also die Parabel
durch drei Beobachtungen überbestimmt; in diesem Falle wird die dritte Beob-
achtung durch die Lage einer Ebene ersetzt, also die Anzahl der Bedingungen
auf fünf reducirt.