Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

  
  
32 Allgemeine Einleitung in die Astronomie. 
Aus den Jahren 125—150 n. Chr. ist uns ein Werk erhalten, welches viel- 
leicht das ganze Wissen der Griechen, oder was damit identisch sein dürfte, das 
Gesammtwissen jener Zeiten aus dem Gebiete der reinén Astronomie und der 
astronomischen Geographie umfasst, die MejdXn cuvraëe oder Magna constructio, 
oder wie das Werk später in der arabischen Uebersetzung genannt wurde, der 
Almagest des CLAUDIUS PToLEMÄUS!). Mit Ausnahme der physischen Astronomie 
sind in diesem Werke bereits alle Zweige der Astronomie vertreten. Indem 
bezüglich desjenigen, was ProLEMáus über die Beobachtungsmethoden und 
Instrumente jener Zeiten mittheilt (im 5. und 6. Buch des Almagest) auf die den 
letzteren gewidmeten Artikel verwiesen werden muss, mag hier dasjenige er- 
wähnt werden, was die spháürische Astronomie in Verbindung mit der geo- 
graphischen Ortsbestimmung und die theoretische Astronomie betrifft. 
Die sphárische Astronomie wird in den ersten beiden Büchern des Alma- 
gest behandelt |ProrEMàus spricht hier von dem Anblick der Himmelskugel, 
den auf derselben zu verzeichnenden Kreisen, der Eintheilung derselben nach 
Zonen. Es werden die für das folgende nóthigen Rechnungsvorschriften ent- 
wickelt, und eine Tafel der Sehnen gegeben, welche unsere Sinustafeln ersetzt, 
da sino = 4 chord2a ist. Hieran schliessen sich die aus der Stellung der 
Erde im Himmelsraume sich ergebenden täglichen und jährlichen Erscheinungen 
für die verschiedenen Breiten und eine Anzahl von Tafeln, z. B. für die Länge 
des längsten Tages u. s. w., welche zur geographischen Ortsbestimmnng dienen 
können. 
Die Zeit einer Beobachtung wird entweder ohne eine nähere Angabe über 
die Art der Ermittelung derselben angeführt, woraus man schliessen kann, dass 
dieselbe an den damals üblichen Sand-, Wasser- oder Sonnenuhren bestimmt 
wurde; oder aber sie wird aus dem Durchgange eines bekannten Sterns durch 
den Meridian (durch die Mitte des Himmels) erbalten. Sei die Durchgangszeit 
eines gewissen Sterns 4 an einem gewissen Tage des Jahres, z. B. (in unserem 
Datum ausgedrückt) am :.Januar genau Mittag, so wird dieser Stern am 
I5. Januar eine Aequinoctialstunde vor Mittag, am 1. Februar zwei, am 15. Februar 
drei Aequinoctialstunden vor Mittag u. s. w., nümlich nach je einem halben 
Monat um eine Stunde früher durch den Meridian gehen. Es werden also für 
diesen Stern A die Durchgangszeiten 
Am 1. Januar, 1. Februar, 1. März, 5. April, 1. Mai, ı. Juni, 1. Juli, 
Mittlere Zeit 0% — 947 99% 207 184 164 14% 194 
Am 1. August, 1.Septemb., 1.Octob., 1. Novemb., 1. Decemb., r.Januar?) 
Mittlere Zeit 10% 8% 67% ET 95 0%, 
Geht nun ein anderer Stern B z. B. 61 Stunden spáüter durch den Meridian 
(diese Differenz der Durchgangszeiten ist natürlich für alle Jahreszeiten dieselbe, 
da ja die Sterne am Himmel gegen einander unveründerlich stehen), so wird er 
z. B. am 7. September um 71 + 61 =133 Uhr durch den Meridian gehen; 
findet man umgekehrt zur Zeit einer Beobachtung, z. B. am 22. März, dass ein 
Stern C im Meridian steht, der etwa 5 Stunden früher durch den Meridian geht, 
als der Stern 4, so wird die Zeit der Beobachtung 183 — 5 = 134 Uhr sein, 
d. h. die Beobachtung fand 1! Aequinoctialstunden nach Mitternacht statt. 
1) Weder Geburtsort noch Geburtsjahr, noch sonstige Lebensumstände dieses verdienst- 
vollen Astronomen sind bekannt. 
2) Eine solche Tafel ersetzt eine Tafel der »Sternzeit im mittleren Mittage«, s. Zeit und 
Zeitbestimmu ng. 
  
 
	        
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