594 Chronologie.
Fixsterne, fortrückt, so geht die Sonne heute später durch den Meridian eines
Ortes als ein Stern, mit dem sie gestern gleichzeitig diesen Meridian passirte,
d. h. der Sterntag ist etwas kürzer als der wahre Sonnentag, und zwar wechselt
das »wieviel« von Tag zu Tag, weil die Sonne nicht gleichmässig schnell am
Himmel weiterzieht, sodass der wahre Sonnentag keine constante Länge besitzt.
Deshalb wurde er auch mit der wachsenden Kultur für das bürgerliche Leben
unbrauchbar, und man hat zu dem Auskunftsmittel gegriffen, eine fingirte Sonne
für die Zeiteintheilung zu wählen, welche genau die gleiche Bahn in der gleichen
Zeit am ganzen Himmel durchläuft wie die wahre Sonne, aber mit gleich-
mässiger Geschwindigkeit. Die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Culmi-
nationen der fingirten Sonne nennt man einen mittleren Sonnentag und theilt
ihn in 24 Stunden mittlere Zeit ein. Die Zählung dieser beginnen die Astro-
nomen mit der Culmination der fingirten Sonne, also mit dem Mittag, und zählen
die Stunden von 0 bis 24 Stunden durch. Im bürgerlichen Leben zählt man
statt dessen zweimal 12 Stunden und beginnt den Tag um Mitternacht. Dieser
bürgerliche Tag ist dem astronomischen mittleren Tage um 12 Stunden
oder einen halben Tag voraus, also von Mitternacht bis Mittag ist das astrono-
misch gezählte Datum dem bürgerlichen um einen Tag nach, von Mittag bis
Mitternacht stimmen beide überein. Der Unterschied zwischen der Dauer eines
mittleren und des entsprechenden wahren Sonnentages nennt man die Zeit-
gleichung, die sich beständig ändert und höchstens 17 Minuten betragen kann:
der mittlere Tag ist 3 Minuten und 56 Secunden länger als ein Sterntag. Da
derselbe von dem Durchgang der mittleren Sonne durch den Meridian eines
Ortes in Bezug auf seinen Anfang und die damit verknüpfte Stundenzählung ab-
hängt, so ist sein Anfang und damit die Tageszeit für alle die Orte, welche
nicht auf einem und demselben Erdmeridian liegen, verschieden, weshalb man
die an einem Orte wirklich herrschende Zeit als Ortszeit bezeichnet. In neuerer
Zeit hat man eine einheitliche Zeit für die ganze Erde einzuführen gesucht,
indem man die mittlere bürgerliche Zeit von Greenwich als Weltzeit prokla-
mirte. Da das aber zuviel Unbequemlichkeiten mit sich gebracht hätte, so hat
man sich begnügt, die Erde in 24 Zonen einzutheilen, die jede für sich eine ein-
heitliche, um eine volle Anzahl von Stunden gegen Greenwich verschiedene Zeit
haben. In Deutschland rechnet man so nach der als Mittel-Europäische
Zeit bezeichneten Zonenzeit, die um eine volle Stunde gegen Greenwicher
Zeit voraus ist. Im Allgemeinen giebt die in Zeit ausgedrückte geographische
Länge eines Ortes von Greenwich (oder Paris) an, um wieviel die Ortszeit des-
selben gegen die Ortszeit von Greenwich (oder Paris) difterirt, und zwar ist die
Ortszeit der hetreffenden Gegend gegen Greenwicher (oder Pariser) Zeit voraus,
wenn der Ort östlich von Greenwich (bez. Paris) liegt, nach, wenn er eine west-
liche Länge hat. —
Die Sonne braucht, um einen vollen Umlauf am Himmel zu vollenden, oder
wenn sie vom Frühlingspunkt ausgehend immer gegen Osten auf der Ekliptik
vorrückt, bis zu ihrer Rückkehr zum Frühlingspunkte einen Zeitabschnitt, den
man als ein tropisches Jahr bezeichnet. Die Länge desselben ist dadurch
nicht ganz constant, dass der Frühlingspunkt von Osten nach Westen sehr langsam
am Himmel vorrückt, so langsam, dass sich die Länge des tropischen Jahres
innerhalb 100 Jahren nur um 0:6 Secunden ändert. Dieselbe beträgt für das
Jahr 1800 (nach HANSEN) 365 mittlere Tage und 5 Stunden 48 Minuten 46:4 Se-
cunden mittlere Zeit, während die Erde in dieser Zeit eine volle Umdrehung
mehr macht, also das tropische Jahr 366 Sterntage, 5^ 48" 4674 Sternzeit um-
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