672 Doppelsterne.
Forschungen über Doppelsterne geleitet. Auch er dachte nur an optische
Systeme und suchte nach solchen, ohne MAYErR’s Bemühungen zu kennen. Nun
sollten. enge Doppelsterne die Messung der jährlichen parallaktischen Ver-
schiebungen erleichtern und also die Auffindung der ersten Werthe von Fixstern-
parallaxen ermöglichen. Von allem Anfang an waren seine Nachforschungen
nach Doppelsternen sehr ergiebig, und bereits am 10. Januar 1782 konnte er
der Royal Society einen Katalog von 269 Doppelsternen vorlegen. Die eigent-
liche Bedeutung der HERscHEL'schen Entdeckungen erkannte aber erst MICHELL 1),
der das Vorkommen so vieler scheinbar nahe bei einander stehender Sterne
als mit den Gesetzen des Zufalles unvereinbar erklärte und betonte, dass die
meisten dieser Doppelsterne thatsächlich nahe bei einander stehende Weltkörper
seien, die sich nach den Gesetzen der Gravitation um einander bewegen müssen.
Diese Ansicht wurde durch die ferneren Arbeiten W. HERSCHEL’s bestätigt, die
in Folge dessen in dem Gebiete der Doppelsternastronomie von grundlegender Be-
deutung geworden sind. HERSCHEL begnügte sich in der Folgezeit nicht damit,
neue Doppelsterne zu entdecken. Vielmehr suchte er nach Verlauf eines an-
gemessenen Zeitraumes die ihm bekannt gewordenen Doppelsterne wieder auf
und konnte in mehreren Fällen eine Veränderung in der gegenseitigen Stellung 4
beider Sterne nachweisen. Allerdings hätte diese auch eine Folge der als
geradlinig anzusehenden Eigenbewegungen sein können, aber es waren so die
Grundlagen gegeben, um (wenigstens theoretisch) durch eine dritte Messung
auch den letzten Zweifel an dem Vorhandensein wirklicher Doppelsterne zu zer-
stören.
Endlich gebührt W. HerscHEL das Verdienst, zuerst in klarer Weise erkannt
zu haben, welcher Art die Beobachtungen sein müssen, um als Grundlage für
Betrachtungen über etwaige Revolutionsbewegungen dienen zu kónnen. MAYER
hatte, ähnlich wie es durch die jetzt üblichen Meridianbeobachtungen geschieht,
die Rectascension und Deklination der beiden Componenten bestimmt, ein Ver-
fahren, das nicht die nóthige Genauigkeit gewühren konnte, bei engen Doppel-
sternen überdies kaum anwendbar ist. W. HERSCHEL dagegen bestimmte die
gegenseitige Stellung beider Sterne mit Hilfe von Mikrometermessungen und
zwar in einer Weise, welche auch die Folgezeit als die zweckmássigste aner-
kennen musste. Der hellere der beiden Sterne wurde als Hauptstern und als
das Bezugsobject für die Angaben des Ortes des schwücheren betrachtet. Die
letzteren enthielten die beiden Polarcoordinaten: Distanz und Positionswinkel.
Distanz ist der scheinbare Abstand beider Sterne, und Positionswinkel der Winkel,
den die Distanz mit einem festen, durch den Hauptstern gehenden gróssten
Kreis bildet. Den Positionswinkel hat W. HERSCHEL nicht immer von derselben
Nullrichtung an gezählt und durch Angabe des Quadranten jeden Zweifel zu Gr
beheben gesucht. Die Folgezeit hat in dieser an sich ohne Frage neben- |
sichlichen Angelegenheit ein vereinfachtes und allgemein angenommenes Ver-
fahren ausgebildet. Man zählt seit W. STRUVE den Positionswinkel vom nórd-
lichen Theile des Stundenkreises in der Richtung Ost, Süd, West, Nord. Steht
also der Begleiter genau nórdlich über dem Hauptsterne, so ist der Positions-
winkel 0? zu notiren. --
Die Resultate seiner Entdeckungen und Messungen hat W. HERSCHEL in
den Jahren 1782, 1785 und 1804 zusammengestellt. Diese enthalten Angaben
1) MICHELL, On the means of discovering the distance, magnitude etc. of the Fixed
Stars etc. Philosophical Transact. 1783, Nov. 27.