Full text: Handwörterbuch der Astronomie (3. Abtheilung, 2. Theil, 1. Band)

Das Fernrohr. vos 
zog, dass es achromatische Linsensysteme geben müsse. Aber so gross war bei 
ihm der Glaube an die Zuverldssigkeit von NEwToN’s Arbeiten, dass er trotzdem 
dessen Ansichten für die zutreffenden halten zu müssen glaubte. Joxun DoLLOND 1!) 
andererseits bezweifelte die Achromasie des Auges und konnte sich deshalb 
EULER's Folgerungen nicht anschliessen. So befand sich die Frage, ob es 
achromatische Linsen geben könne, in der grössten Verwirrung, als es KLINGEN- 
STIERNA?) gelang, den Fehler in NEwTON’s Schlussfolgerung aufzudecken und das 
Mittel anzugeben, mit dessen Hilfe 1:757 DorLoNp?) die erste achromatische 
Linse herzustellen. Dazu war nur nóthig eine Sammellinse aus Crownglas mit 
einer Zerstreuungslinse aus Flintglas zusammenzusetzen, welche letztere vermóge 
ihrer stärkeren brechenden Kraft wohl die Farbenzerstreuung, aber nicht die 
Ablenkung der durch die erstere hindurchgetretenen Strahlen aufzuheben im 
Stande war. EULER?) freilich war so sehr von dem Glauben an die Möglichkeit 
einer solchen Wirkung zurückgekommen, dass ihn erst ZEmkRs5) Versuche 
davon überzeugen konnten. Obwohl er, nachdem dies geschehen war, eine Reihe 
darauf bezüglicher theoretischer Arbeiten ausführte, so übten doch weder diese, 
noch die unter seiner Anleitung von seinem damaligen Gehülfen Fuss), oder 
die von dem Jesuiten BoscovicH ") über denselben Gegenstand verfassten, einen 
Einfluss auf die angewandte Optik aus, da sie die Linsendicke vernachlissigten. 
Das aber erwies sich in der Praxis als unstatthaft, und so bildete sich ein wenig 
erfreulicher Gegensatz zwischen ihr und der Theorie aus, der unter anderem in 
dem Bedauern seinen Ausdruck fand, welches JOHANN III. BERNOULLI®) bei Ueber- 
nahme der väterlichen Werkstatt durch PETER Dorrowp darüber dusserte, dass der 
junge Künstler seine Ausbildung nur in ihr erhalten habe. Zu um so grósserer 
Ehre gereichte jener Werkstatt unter solchen Umstünden der staunende Aus- 
spruch BEssEL's?) dass die angewendeten Glassorten nicht gróssere Fehler bei 
den achromatischen Fernrohren hervorgerufen hátten, wie sie thatsüchlich beob- 
achtet worden waren. 
Dies ungünstige Verhältniss änderte sich erst, als es gelang, die in nicht 
sehr anschaulichen Formeln niedergelegten Ergebnisse der theoretischen Forschung 
in einfacher Weise geometrisch darzustellen. 1829 zeigte Mögıus '©), dass dazu 
neben den Brennpunkten zwei andere Punkte geeignet waren, die 1840 Gauss !!) 
P) DOoLLOoND, Lettres relating to a theorem of LEONHARD EULER for correcting the objectiv 
glasses of refracting telescopes. Philos. Transact. 1753, pag. 286. 
?) KLINGENSTIERNA, Kongl. Svenska vetenshaps academiens Handlingar 1754. In der 
deutschen Uebersetzung Bd. 16, pag. 300. 
3) DOLLOND, An account of some experiments concerning the different refrangibility of Light. 
Philos. Transact. 1758. 
^) EULER, Dioptrica. Petropolit. 1769. Berlin 1770— 71. 
5) ZEIHER, Abhandlung von denjenigen Glassorten, welche eine verschiedene Kraft, die 
Lichtstrahlen zu zerstreuen, besitzen. St. Petersburg 1763. 
8) Fuss, Instruction détaillée pour porter les lunettes de toutes les differentes espéces au 
plus haut degré de perfection dont elles sont susceptibles, tiré de la théorie dioptrique de 
Mr. EULER le Père. St. Petersbourg 1774. 
7) BoscovicH, Dissertationes ad Dioptricam. Viennae 1767. 
8) BERNOULLI, Lettres astronomiques. Berlin 1781. 
9) BEssEL, Ueber die Grundformeln der Dioptrik. Astronom. Nachr, 1840. Bd. 18. pag. 97. 
10) Mögıus, Kurze Darstellung der Haupteigenschaften eines Systemes von Linsengläsern. 
CRELLE’s Journal Bd. 5. 1830. Gesammelte Werke Bd. 4, pag. 479. 
1!) Gauss, Dioptrische Untersuchungen. Abhandl. der Konigl. Gesellsch. der Wissen- 
schaften in Göttingen Bd. ı, 1843. Gesammelte Werke Bd. 5, pag. 245 u. 309. 
 
	        
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